US-Präsident macht Politik mit Twitter Trumps Woche - nachgezeichnet in präsidialen Tweets

Can Merey · Oft scheint es so, dass der amerikanische Präsident per Twitter regiert. Anhand der Kurzbotschaften lässt sich Trumps Stimmung verfolgen. Wir zeichnen die Woche in Tweets nach.

Donald Trump: Die Woche des US-Präsidenten in Tweets
Foto: AFP/ERIC BARADAT

Was für eine Woche im Leben von US-Präsident Donald Trump: Schlechte Laune und miese Presse beim Besuch in Frankreich, Giftpfeile gegen Präsident Emmanuel Macron, Breitseiten gegen US-Sonderermittler Robert Mueller - und dann setzt die First Lady noch den Rauswurf der stellvertretenden Sicherheitsberaterin Mira Ricardel durch. Währenddessen reibt sich die Opposition die Hände. Ereignisreiche Tage, nachgezeichnet anhand präsidialer Tweets:

Freitagabend: Trump ist gerade erst zu den Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren in Paris gelandet, da sondert er schon eine Twitter-Breitseite gegen den Gastgeber ab. Macron hat zuvor den Aufbau einer europäische Armee vorgeschlagen. „Sehr kränkend“, schreibt Trump - und fordert die Europäer auf, stattdessen endlich ihren fairen Anteil an der Nato zu bezahlen. Es ist eine kurze Nacht für Trump, womöglich ist das dem Jetlag geschuldet. Der Macron-Tweet ist von 22.10 Uhr MEZ, den ersten Tweet am Samstagmorgen schickt der Präsident um 4.52 Uhr MEZ auf den Weg.

Samstag: Trump lobt in dem Tweet vor Sonnenaufgang Matthew Whitaker, den er am vorhergehenden Mittwoch - dem Tag nach den Kongresswahlen - zum amtierenden Justizminister gemacht hat. Der Verdacht der Opposition: Trump will damit US-Sonderermittler Robert Mueller ausbremsen, auf dessen Bericht die Nation mit Spannung wartet. Mueller untersucht unter anderem, ob Trumps Wahlkampfteam 2016 geheime Absprachen mit Russland getroffen hat. Whitaker hat sich in der Vergangenheit kritisch über die Ermittlungen geäußert. Trump schreibt: „Ich habe Whitaker nicht gekannt.“ Im Oktober hat er seinem Haussender Fox noch gesagt: „Ich meine, ich kenne Matt Whitaker.“

Vor Beginn seines Programms in Paris droht Trump noch schnell dem liberalen Westküstenstaat Kalifornien mit dem Entzug von Bundesmitteln - wegen der Waldbrände. Für die macht Trump nicht etwa den Klimawandel, sondern Missmanagement der örtlichen Behörden verantwortlich. „Es gibt keine Gründe für diese massiven, tödlichen und teuren Waldbrände in Kalifornien außer dem schlechten Forstmanagement“, schimpft er auf Twitter. Kaliforniens Feuerwehrverband CPF nennt die Aussage „demütigend sowohl für die, die leiden, als auch für die Männer und Frauen an der Einsatzfront“.

Auf Trumps Frankreich-Programm steht erst ein Treffen mit Macron im Elyséepalast, am Nachmittag dann der Besuch eines ersten von insgesamt zwei US-Soldatenfriedhöfen. Weil es regnet, wird die Visite abgesagt. Es hagelt Kritik, und ins Netz ergießt sich jede Menge Spott, der unter anderem auf die Haarpracht des Präsidenten abzielt. Macron, Kanzlerin Angela Merkel und Kanadas Premierminister Justin Trudeau trotzen dem Regen, als sie Gedenkstätten besuchen, während Trump in der Residenz des US-Botschafters sitzt.

Donald Trump vor der UN - Zitate und Gesten des US-Präsidenten
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„Ein PR-Debakel“, urteilt der US-Sender CNN. Als die öffentliche Kritik nicht abreißt, äußert Trump sich drei Tage später auf Twitter - um deutlich zu machen, dass nicht er, sondern seine Sicherheitsleute für die Absage verantwortlich seien. „Als der Hubschrauber wegen fast keiner Sicht nicht zu dem ersten Friedhof fliegen konnte, habe ich übrigens vorgeschlagen zu fahren. Der Secret Service sagte NEIN.“

Sonntag: In Paris regnet es immer noch, als sich mehr als 60 Staats- und Regierungschefs auf den Champs-Élysées versammeln, um gemeinsam zur Gedenkfeier am Triumphbogen zu laufen. Nicht dabei: Trump. Er kommt gesondert mit seiner Fahrzeugkolonne, das Weiße Haus führt Sicherheitsgründe an. Die größte Bedrohung: Eine barbusige Femen-Aktivistin überwindet die Absperrung und rennt kurz nach Durchfahrt von Trumps Limousine in den Konvoi, sie wird festgenommen.

Am Nachmittag besucht Trump dann doch noch einen US-Soldatenfriedhof. Seine zehnminütige Ansprache hält er ohne Regenschirm. An die Adresse von US-Veteranen, die bei der Zeremonie im Trockenen sitzen, sagt der Präsident: „Sie sehen so behaglich aus unter dem Schutz, während wir durchnässt werden. Sie sind sehr schlaue Leute.“ Macrons Friedensforum spart sich Trump, er fliegt da schon wieder nach Hause. Das Magazin „The New Yorker“ spricht von „einer beschämenden Reise“.

Montag: Trump tweetet: „Gerade aus Frankreich zurückgekehrt, wo viel erreicht wurde bei meinen Treffen mit Weltenlenkern.“ Was genau er erreicht hat, verrät Trump nicht. Der Präsident hat heute kein Programm, da bleibt mehr Zeit für Twitter. In Florida werden wegen des knappen Ausgangs bei den Zwischenwahlen die Stimmen für einen Senatssitz und das Gouverneursamt neu ausgezählt, beide hat Trump sicher für seine Republikaner geglaubt. Nun fordert er, seine Kandidaten zu Siegern zu erklären. „Viele Stimmzettel sind aus dem Nichts aufgetaucht, und viele Stimmzettel fehlen oder sind gefälscht.“ Beweise dafür legt der Präsident wie üblich nicht vor.

Überhaupt macht Trump das Abschneiden der oppositionellen Demokraten bei den Kongresswahlen Sorgen, auch wenn er in der Wahlnacht einen Sieg ausrief. Die Demokraten haben im Abgeordnetenhaus weit mehr Sitze erobert als zunächst gedacht. Mit ihrer Mehrheit dort könnten sie Trump nun das Leben mit Untersuchungen schwermachen. Trump warnt auf Twitter: „Die Aussicht auf Belästigung des Präsidenten durch die Demokraten bereitet dem Aktienmarkt große Kopfschmerzen!“

Dienstag: Trumps Tag beginnt mit einer ganzen Salve von Tweets, in denen er seinen Paris-Besuch aufarbeitet. Er schreibt unter anderem: „Emmanuel Macron schlägt vor, eine eigene Armee aufzubauen, um Europa gegen die USA, China und Russland zu verteidigen. Aber es war Deutschland im Ersten und im Zweiten Weltkrieg - wie ist das für Frankreich ausgegangen?“ Macron hat zwar vom Schutz Europas auch vor den USA gesprochen, aber nicht im Zusammenhang mit der angedachten Armee. Wenige Stunden später erklärt Merkel, sie unterstütze Macrons Vorstoß zum Aufbau einer europäischen Streitmacht.

Am Nachmittag steht eine Feier auf dem Programm. Trump tweetet: „Heute haben wir uns zu Diwali versammelt, ein Feiertag, den Buddhisten, Sikhs und Jains in den ganzen Vereinigten Staaten und rund um die Welt begehen.“ Er vergisst die größte Gruppe derjenigen, die das Lichterfest feiern: die Hindus. Wichtig ist aber ein anderer Aspekt: Es ist die letzte Veranstaltung im Weißen Haus, an der die stellvertretende Sicherheitsberaterin Mira Ricardel teilnimmt. First Lady Melania Trump hat über ihre Sprecherin erklären lassen, Ricardel habe es nicht länger verdient, für das Weiße Haus zu arbeiten.

Mittwoch: Der Präsident verfügt, dass Ricardel zwar weiter für die Regierung arbeiten kann, das Weiße Haus aber verlassen muss. Das wirft Fragen auf: Warum stößt Melania Trump so etwas öffentlich über ihre Sprecherin an, statt es im direkten Gespräch mit ihrem Ehemann zu regeln? Und wer hat eigentlich das Sagen im Weißen Haus? Am Nachmittag macht Trump ausnahmsweise einmal das, was ein ganz normaler Präsident so macht: Er befasst sich mit Reformplänen aus dem Kongress, das Strafmaß für bestimmte kleinere Delikte zu reduzieren und die Resozialisierung von Ex-Häftlingen zu verbessern.

Donnerstag: Nach der Ablösung Ricardels tritt Trump dem Eindruck entgegen, dass unter seiner Ägide Chaos herrsche. „Das Weiße Haus läuft sehr reibungslos und die Ergebnisse für unsere Nation sind offensichtlich sehr gut“, schreibt er auf Twitter. „Wir werden von der Welt beneidet. Aber jedes Mal, wenn ich über Änderungen nachdenke, drehen die Fake-News-Medien durch, die immer versuchen, uns so schlecht wie möglich aussehen zu lassen! Sehr unehrlich!“

„Fake-News-Medien“, das sind für Trump kritische Medien wie etwa CNN, die der Präsident als „Feinde des Volkes“ brandmarkt. CNN berichtet, Trumps Laune werde zusehends schlecht - vielleicht kein Wunder angesichts dieser Woche. Der Sender zitiert einen anonymen Regierungsmitarbeiter mit den Worten, Trump sei „angepisst von verdammt noch mal fast jedem“ in seinem Umfeld. Besorgt sei der Präsident über die Untersuchungen von Sonderermittler Mueller.

Seinem Ärger macht Trump in einer Serie von Tweets Luft, Mueller und seine Mitarbeiter bekommen ihr Fett weg: Eines Tages werde an Universitäten untersucht werden, was „Mueller und seine Bande demokratischer Strolche getan haben, um Menschen zu zerstören“, wütet der Präsident. Dann hält er die Feststelltaste gedrückt, was wirkt, als würde Trump auf Twitter brüllen: „EINE TOTALE HEXENJAGD WIE KEINE ANDERE IN DER AMERIKANISCHEN GESCHICHTE!“

Freitag: Eine Medaillenverleihung steht auf dem Programm, dann kann Trump langsam ins Wochenende starten. Die kommende Woche könnte weniger stressig werden: Am Montag nehmen der Präsident und die First Lady den Weihnachtsbaum für das Weiße Haus in Empfang, am Dienstag ist die traditionelle Begnadigung von zwei Thanksgiving-Truthähnen geplant, die nicht in den Ofen wandern. Am Donnerstag ist dann Thanksgiving, ein nationaler Feiertag. In Amerika steht eine kurze Arbeitswoche an - die allerdings umso mehr Zeit fürs Twittern lässt.

(felt/dpa)
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