Donald Trump bestätigt Tod von IS-Anführer „Abu Bakr al-Bagdadi ist als Feigling gestorben“

Washington · US-Präsident Donald Trump bestätigte am Sonntag bei einer Ansprache im Weißen Haus, dass der Anführer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, bei einem US-Militäreinsatz in Syrien getötet worden sei. Russland fordert Beweise.

 Ein Screenshot aus einem undatierten Video, das am 29.04.2019 über eine Medienkanal des IS verbreitet wurde, zeigt Abu Bakr al-Bagdadi.

Ein Screenshot aus einem undatierten Video, das am 29.04.2019 über eine Medienkanal des IS verbreitet wurde, zeigt Abu Bakr al-Bagdadi.

Foto: dpa/Uncredited

Al-Bagdadi habe während des Angriffs eine Sprengstoffweste gezündet und so sich selbst und drei seiner Kinder getötet. Tests hätten inzwischen bestätigt, dass es sich bei dem Toten um al-Bagdadi handle, so Trump.

Trump hat den tödlichen Angriff auf al-Bagdadi in Syrien mit dem Schauen eines Films verglichen. Er habe einen Großteil des US-Angriffs am Samstagabend vom Situation Room im Weißen Haus aus verfolgt, sagte Trump am Sonntag. Er legte nahe, dass die Aufnahmen von dem Angriff veröffentlicht werden sollten, um Anhänger von al-Bagdadi abzuschrecken. Die Welt würde dadurch erfahren, dass al-Bagdadi seine letzten Momente mit „Weinen“, „Wimmern“ und „Schreien“ verbracht habe, sagte Trump. Al-Bagdadi sei „wie ein Hund“ und als „ein Feigling“ gestorben.

Trump sagte, der US-Angriff gegen Al-Bagdadi sei eine größere Sache als die Tötung des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden 2011 unter dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama. Der Tod von bin Laden sei bedeutsam gewesen, sagte Trump. Er glaube aber, die Nachricht über Al-Bagdadi sei noch größer.

Derweil hat das russische Verteidigungsministerium Beweise für die Operation gefordert. Es gebe von den mutmaßlich beteiligten Seiten in Details widersprüchliche Angaben, die Zweifel aufkommen ließen, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow am Sonntag in Moskau nach einer Mitteilung des Ministeriums. Es gebe keine überzeugenden Informationen, dass die USA in der von ihnen nicht kontrollierten Zone in Syrien solch eine Operation durchgezogen hätten.

Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums sagte, dass am Samstag oder in den vergangenen Tagen keine Luftschläge in der Idlib-Zone verzeichnet worden seien. Russland hat nicht nur eigene Truppen in Syrien. Die russische Weltraumaufklärung beobachtet das Geschehen dort auch mit Satelliten. Am Samstag hatte das Ministerium den USA massiven Ölschmuggel aus Syrien vorgeworfen und dazu Bilder veröffentlicht.

General Konaschenkow sagte auch, dass die Region von der militanten islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) dominiert werde. Der frühere Ableger der Terrororganisation Al Qaida habe dort bisher alle IS-Zellen kompromisslos ausgelöscht. Dass sich der IS-Anführer ausgerechnet dort in aller Ruhe aufgehalten haben soll, müsse zumindest bewiesen werden.

Über al-Bagdadi ist wenig bekannt; selbst für seine Anhänger blieb der IS-Anführer stets ein Phantom. Für tot erklärt wurde er schon häufiger.

Seit Jahren wurde über den Aufenthaltsort al-Bagdadis gerätselt, auf dessen Kopf die USA eine Prämie von 25 Millionen Dollar (22,5 Millionen Euro) ausgesetzt haben. Äußerst selten wandte sich al-Bagdadi in Audio- und Videobotschaften an seine Anhänger - der Aufnahmeort blieb geheim.

Soweit bekannt, war der 48-Jährige nur einmal in der Öffentlichkeit aufgetreten: Anfang Juli 2014, als er von der Kanzel der Al-Nuri-Moschee im nordirakischen Mossul aus ein "Kalifat" in Syrien und dem Irak ausrief und den "Gehorsam" aller Muslime einforderte. Seitdem veröffentlichte seine Extremisten-Gruppe wiederholt Audiobotschaften, die von ihm stammen sollen. Auch nach dem Fall des "Kalifats" im März dieses Jahres rief al-Bagdadi seine Anhänger zur Fortsetzung des dschihadistischen Kampfes auf.

Zuletzt waren die internationalen Befürchtungen, dass es zu einer Rückkehr des IS kommen könnte, angesichts der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien gestiegen. Die USA gaben die Zahl der aus kurdischen Gefängnissen entkommenen IS-Kämpfer seit dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien am Mittwoch mit mehr als hundert an.

Erst im September hatte al-Bagdadi in einer Audiobotschaft an seine Anhänger zur Befreiung der gefangenen Kämpfer und ihrer Familien aufgerufen. "Tut euer Möglichstes, um eure Brüder und Schwestern zu retten und die Mauern einzureißen, die sie gefangen halten", sagte der untergetauchte Extremistenführer damals.

Ein einziges Mal - im vergangenen April - wandte sich al-Bagdadi in einer Videobotschaft an seine Anhänger. Der sichtlich gealterte und an Diabetes leidende IS-Chef rief seine Anhänger in dem Video dazu auf, den Kampf trotz des Verlusts ihres "Kalifats" in Syrien und im Irak fortzusetzen. Seine Anhänger schwor auf eine "lange Schlacht" ein.

Geboren wurde al-Bagdadi 1971 im zentralirakischen Samarra als Sohn einer armen Familie unter dem Namen Ibrahim Awad al-Badri. Als Junge begeisterte er sich für Fußball und träumte davon, Anwalt oder Soldat zu werden. Doch seine mangelhaften Noten und seine schlechten Augen verhinderten beides. So studierte er in Bagdad Theologie, bevor er nach der US-Invasion 2003 als Anführer einer Dschihadistengruppe in den Untergrund ging.

Laut der Dokumentarfilmerin Sofia Amara ist al-Bagdadi weniger "brillant" als "geduldig und arbeitsam". Doch habe er früh eine "klare Vorstellung" von der Organisation gehabt, die er schaffen wollte. Als er 2004 von der US-Armee im Gefängnis von Bucca inhaftiert wurde, knüpfte er wichtige Kontakte mit inhaftierten früheren Militär- und Geheimdienstleuten des gestürzten Baath-Regimes von Saddam Hussein.

Nach seiner Freilassung schloss er sich dem Al-Kaida-Führer Abu Mussab al-Sarkawi an. Als erst al-Sarkawi und dann sein Nachfolger getötet wurden, übernahm er unter dem Namen Abu Bakr al-Bagdadi selbst die Führung. Im Oktober 2011 stufte ihn die US-Regierung als "Terroristen" ein.

Mit Hilfe früherer Saddam-Offiziere baute al-Bagdadi seine Guerillagruppe zu einer schlagkräftigen Truppe aus und nannte sie "Islamischer Staat". Im Sommer 2014 überrannte sie die nordirakische Großstadt Mossul und stieß bis vor Bagdad vor.

Doch mit Gräueltaten und blutigen Anschlägen brachte er nicht nur die internationale Gemeinschaft sondern auch viele Landsleute gegen sich auf. In den vergangenen Jahren folgte eine Niederlage auf die andere, im März verlor seine Miliz nach langem Kampf mit Baghus auch das letzte Dorf im Osten Syriens. Nun soll al-Bagdadi im Nordwesten Syriens in einem Unterschlupf in der Nähe des Dorfes Barischa aufgespürt und bei einem Angriff von US-Spezialeinheiten getötet worden sein.

(felt/AFP)
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