Ausländische Botschaften in Gefahr? Diplomaten trotzen Nordkoreas Warnungen

Ungeachtet aller Warnungen Nordkoreas vor möglichen Gefahren für ausländische Botschaften bleiben die Diplomaten und ihre Mitarbeiter vorerst in Pjöngjang. Bislang habe kein Land Botschaftspersonal aus dem kommunistischen Land abgezogen, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap.

Auch Deutschland belässt seine Diplomaten zunächst in Nordkorea. "Bis auf weiteres ist die Arbeitsfähigkeit der Botschaft hergestellt", erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Die Sicherheit werde laufend überprüft. Zudem stimme man sich mit den internationalen Partnern ab, die ebenfalls Botschafter in Pjöngjang haben.

Versuch, die Spannungen anzuheizen

"Wir glauben nicht, dass irgendeine ausländische Vertretung dabei ist, aus Pjöngjang abzuziehen", sagte ein Regierungsvertreter in Seoul laut Yonhap. "Die meisten ausländischen Regierungen sehen in der nordkoreanischen Nachricht den Versuch, die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel weiter anzuheizen."

Vor dem Hintergrund immer neuer Kriegsdrohungen Nordkoreas gegen die USA und die Landsleute im Süden hatte die Regierung in Pjöngjang am Freitag mehreren Ländern die Evakuierung ihres Botschaftspersonals nahegelegt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war darunter neben Russland, China, Großbritannien und Rumänien auch Deutschland.

Derzeit sind acht aus Deutschland entsandte Diplomaten in Pjöngjang. Zudem beschäftigt die Botschaft einige Ortskräfte. Daneben halten sich nach dpa-Informationen gut 30 Deutsche in Nordkorea auf - etwa 20 Touristen und ein gutes Dutzend Mitarbeiter humanitärer Organisationen. Eine Reisewarnung hat das Auswärtige Amt bisher nicht ausgegeben. Das Ministerium rät allerdings von allen Reisen in das Land ab, die nicht unbedingt notwendig sind.

"Wir wären nicht überrascht..."

Die USA schließen auch einen erneuten Raketenstart Nordkoreas nicht aus. "Wir wären nicht überrascht, wenn wir eine solche Aktion sehen würden", sagte Regierungssprecher Jay Carney am Freitag vor Journalisten in Washington. Ein solcher Schritt würde zur derzeitigen kriegerischen Rhetorik des kommunistischen Regimes passen.

Nordkoreas Militär hatte nach südkoreanischen Angaben am Freitag eine zweite Mittelstreckenrakete an die Ostküste des Landes verlegt.
Die Flugkörper haben eine Reichweite von bis zu 4000 Kilometern und könnten Südkorea, Japan oder eine US-Militärbasis auf der Insel Guam im Pazifik treffen.

In Washington zeigte sich die US-Regierung dennoch gelassen. "Das ist nur eine eskalierende Serie rhetorischer Stellungnahmen", sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Victoria Nuland. "Die Frage ist, mit welchem Ende", gab sie allerdings zu bedenken.

Schon vor rund drei Wochen ordnete Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un eine Steigerung der Produktion von Artilleriegeschützen und Granaten an. Laut Yonhap geht dies aus einer am Samstag vom nordkoreanischen Fernsehen ausgestrahlten Dokumentation hervor, die den Diktator Mitte März bei einem Treffen mit Arbeitern der Rüstungsindustrie zeige. "Wenn erst der Krieg ausbricht, müssen wir die Schlüsselpositionen des feindlichen Militärs und die Regierungseinrichtungen mit einem schnellen und überraschenden Schlag zerstören", sagte Kim demnach.

Letztes Symbol der Zusammenarbeit

Auch am Industriekomplex Kaesong, dem letzten Symbol einer Zusammenarbeit der verfeindeten koreanischen Staaten, zeichnet sich bislang keine Entspannung ab. Südkoreanische Arbeiter und Lieferanten durften auch am Samstag, den vierten Tag in Folge, nicht in den Industriepark auf nordkoreanischem Territorium einreisen.

Wie das südkoreanisches Vereinigungsministerium in Seoul mitteilte, musste eine vierte Firma wegen mangelnden Nachschubs aufgrund der nordkoreanischen Blockade ihre Produktion einstellen. In Kaesong arbeiten 50 000 nordkoreanische Arbeiter für 123 südkoreanische Unternehmen. Die Einrichtung ist ein wichtiger Devisenbringer für das Regime in Pjöngjang.

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel gilt seit dem dritten Atomtest in Nordkorea im Februar als extrem gespannt. Pjöngjang hatte als Reaktion auf die Ausweitung von UN-Sanktionen und südkoreanisch- amerikanische Militärmanöver den Waffenstillstandsvertrag von 1953 aufgekündigt und den "Kriegszustand" im Verhältnis zu Südkorea ausgerufen. Seit den 1950er Jahren befinden sich die Nachbarn formell weiter im Krieg.

(dpa/csi/anch)
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