Abstimmung in Brasilien Parlament stimmt für Amtsenthebung von Präsidentin Rousseff

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat im Parlament das Votum über ein Amtsenthebungsverfahren verloren. Damit droht ihr der Rauswurf. Rousseff wird vorgeworfen, Staatsdefizite versteckt zu haben. Nun hat der Senat das Wort. Ein ranghoher Unterstützer spricht von Krieg.

 Dilma Rousseff droht der politische Absturz.

Dilma Rousseff droht der politische Absturz.

Foto: ap, EP

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff droht der politische Absturz. Mit nötiger Zwei-Drittel-Mehrheit votierten die Abgeordneten im Unterhaus für eine Absetzung der Staatschefin. Die Sache liegt damit beim Senat: Votiert der mit einfacher Mehrheit ebenfalls für ein Amtsenthebungsverfahren, wäre es offiziell eröffnet und Rousseff zunächst suspendiert. Vizepräsident Michel Temer übernähme dann die Amtsgeschäfte. Rousseffs Unterstützer zeigten sich dennoch kampfeslustig und wollen sich weiter gegen den drohenden politischen Niedergang Rousseffs stemmen.

 Auf den Straßen versammelten sich Hunderte, um gegen die in ihren Augen korrupte Präsidentin Dilma Rousseff zu protestieren.

Auf den Straßen versammelten sich Hunderte, um gegen die in ihren Augen korrupte Präsidentin Dilma Rousseff zu protestieren.

Foto: ap

Hintergrund der Aktion gegen die Präsidentin sind Vorwürfe, sie habe mit Buchhaltungstricks Staatsdefizite versteckt, um unter anderem mehr öffentliche Unterstützung für ihre Regierung zu bekommen. Die 68-Jährige weist alle Vorwürfe zurück und verwies darauf, dass ihre Vorgänger ähnliche Methoden angewandt hätten. Zudem lägen gegen sie keine strafrechtlichen Anschuldigungen vor.

Zwischenrufe und Handgemenge

Doch fand sie trotz intensiver Bemühungen unter den Abgeordneten nicht den nötigen Rückhalt. Mindestens 342 der 513 Parlamentarier sprachen sich am Sonntag für ihre Absetzung aus, womit bereits eine Zwei-Drittel-Mehrheit zustandekam. Am späten Abend (Ortszeit) hatten noch nicht alle Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Der Erfolg der Amtsenthebungs-Befürworter im Unterhaus könnte also nach Bekanntgabe des Endergebnisses noch deutlicher ausfallen.

Die Sitzung im Unterhaus war von einer hitzigen Atmosphäre geprägt: Es gab Zwischenrufe und Handgemengen. Parlamentspräsident Eduardo Cunha, ein erklärter Gegner von Rousseff, rief die Abgeordneten zu Ruhe und gegenseitigem Respekt auf.

José Guimarães, Mitglied von Rousseffs Arbeiterpartei und ranghoher Abgeordneter der Regierungsfraktion im Unterhaus, räumte zwar schon wenige Stunden nach Beginn der Abstimmung die Niederlage ein. Doch kündigte er einen langen Kampf an. "Dies ist nur der Anfang", sagte er. "Das wird ein langsamer und schleppender Krieg werden, den wir führen werden."

Tatsächlich hat Rousseff noch Optionen. Sie könnte das Oberste Gericht des Landes anrufen und darauf plädieren, dass die Vorwürfe falsch seien. Einen solchen Schritt hat sie bereits angedeutet. Zudem könnte sie intensiv die Senatoren umwerben. Möglich wäre aus Sicht von Beobachtern auch, dass sie mithilfe der Gewerkschaften und deren Sympathie für ihre Arbeiterpartei Tausende Anhänger auf die Straßen bringt, um Druck auf den Kongress auszuüben.

Der Beschluss im Unterhaus war der vorläufige Höhepunkt monatelanger Dispute, die die tiefen Gräben in der politischen Landschaft in Brasilien offengelegt haben. Befürworter einer Amtsenthebung finden, dass Rousseffs angebliche Budgetmanöver der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas geschadet hätten.

Regierungsanhänger werfen indes den konservativen Eliten des Landes vor, nach 13 Jahren Regierungsverantwortung der Arbeiterpartei nun die Chance auf eine Machtübernahme zu wittern. Wiederholt wiesen Rousseffs Unterstützer - und die Präsidentin selbst - darauf hin, dass die erklärtesten Fürsprecher ihrer Absetzung mit schwerwiegenden Vorwürfen der Korruption konfrontiert seien.

Tatsächlich ziehen Organisationen und Analysten eine beunruhigende Statistik heran: Rund 60 Prozent der 594 Kongressabgeordneten werden der Korruption oder anderer Vergehen beschuldigt.

(ap)
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