Mit 12 Billionen Euro in der Kreide Die US-Schulden sind halb so schlimm

Washington · Der amerikanische Schuldenberg übersteigt bei Weitem die Verbindlichkeiten der Euro-Staaten. Trotzdem haben die USA eine bessere Chance, der Misere bald zu entrinnen. Eine Analyse.

 An der Börse sorgte die Wiederwahl Obamas für einen Kurssturz.

An der Börse sorgte die Wiederwahl Obamas für einen Kurssturz.

Foto: dapd, Henny Ray Abrams

Es geht um gewaltige Zahlen. Rund zwölf Billionen Euro beträgt die Verschuldung der USA — 12 000 Milliarden Euro, eine Zahl mit zwölf Nullen. Alle Deutschen zusammen müssten fünf Jahre lang arbeiten, um diese Schuld zurück zu bezahlen. Und es könnte noch schlimmer kommen: Wenn sich Demokraten und Republikaner nicht auf ein Sanierungspaket einigen, rasen die USA auf die sogenannte fiskalische Klippe zu.

Die besagt, dass sich automatisch die Steuern erhöhen und es zu Ausgabenkürzungen kommt, wenn die Verschuldung einen bestimmten Wert überschreitet. Die Folgen der fiskalischen Klippe werden von den Pessimisten drastisch ausgemalt: Die Wirtschaftsleistung sinkt noch weiter, die Verschuldung steigt, erneute Kürzungen und Steuererhöhungen drohen, am Ende könnte der finanzielle Kollaps des reichsten Landes der Welt stehen.

Noch schlimmer als Italien

Nur zum Vergleich: Die maroden Euro-Länder stehen mit "nur" acht Billionen Euro in der Kreide. In Prozent der Wirtschaftsleistung sind die USA sogar noch unsolider als das von der Staatspleite bedrohte Italien.

Doch wer den Patienten USA jetzt abschreibt und den Untergang der Supermacht prognostiziert, urteilt voreilig. Denn so rasch hohe Schulden ein Land ins Verderben stürzen können, so schnell kann sich ein Land auch wieder befreien.

Das hat US-Präsident Bill Clinton in den 90er Jahren vorgemacht. Auch damals war den USA prophezeit worden, dass sie sich nach der hohen Verschuldung in den Reagan-Jahren nie wieder erholen. Das Geheimnis liegt in der Dynamik des Zinses und des Wachstums oder mathematisch gesprochen in den Eigenschaften einer geometrischen Reihe, die oft nicht richtig verstanden werden.

Die USA sind ewig jung

Entscheidend ist dabei nicht so sehr die Höhe der Verschuldung, sondern der Veränderung. Die Zauberformel heißt: Was ist größer? Der Zins oder die Wachstumsrate? Eine Verschuldung ist deshalb nicht so schlimm, wenn es eine Wirtschaft schafft, das Wachstum dauerhaft über dem Zins zu halten.

Das könnte den USA mit ihrer dynamischen, ewig jungen Wirtschaft besser gelingen als den europäischen Altstaaten Frankreich, Italien, Spanien oder Griechenland. Und da liegt genau der Grund für die dauerhafte europäische Misere. Oder anders ausgedrückt: Die Wachstumsraten von Apple, Google und Facebook sind höher als die von Renault, Fiat oder Corte Ingles.

Die Antwort liegt nach wie vor in Schwaben

Gibt es nun gute Schulden und schlechte Schulden? Nein, das wäre ein fataler Fehlschluss. Denn auch die USA müssen ihre Schulden zurückbezahlen. Obamas Konjunkturpaket von 800 Milliarden Dollar war eine gigantische Verschwendung ebenso wie Bushs Irak-Krieg, der ähnliche Summen verschlang.

Es wäre für beide besser gewesen, sie hätten sich an die Lebensweisheit der schwäbischen Hausfrau gehalten: Man darf nie über seine Verhältnisse leben. Jede Korrektur daran, im Privaten wie im Öffentlichen, ist schmerzhaft. Das ist das wirkliche Problem der fiskalischen Klippe.

(RP/pst/das)
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