Fragen und Antworten Was ist eigentlich Vollgeld?

Frankfurt · Die Schweiz stimmt am Sonntag über ein alternatives Geldsystem ab. Wir beantworten wichtige Fragen zu dem Thema.

 Schweizer Franken in ihrer reinsten Vollgeldvariante. (Archiv)

Schweizer Franken in ihrer reinsten Vollgeldvariante. (Archiv)

Foto: dpa/Gaetan Bally

Am Sonntag stimmen die Schweizer Bürger über die Einführung von Vollgeld ab. Was ist das – und was bringt das?

Was ist „Vollgeld“?

„Vollgeld“ ist ein Geldsystem, das nur noch der Notenbank das Recht geben soll, Geld zu schöpfen. Buchgeld, das Geld also, das auf den Bankkonten liegt, soll in Vollgeld umgewandelt werden.

Wie kommt jetzt Geld in die Welt?

Bisher dürfen allein Notenbanken Banknoten drucken und Münzen prägen. Doch es schlummert viel mehr auf unseren Konten, als im Umlauf ist: In der Schweiz gibt es 85 Milliarden Franken Bargeld, 561 Milliarden Franken liegen als Sichteinlagen auf den Konten. In Europa stehen 1,1 Billionen Euro Bargeld etwa 6,7 Billionen Euro Buchgeld gegenüber.

Warum so viel mehr Buchgeld?

Das liegt daran, dass die Geldhäuser über ihre Kreditvergabe Geld schöpfen können. Wenn eine Bank ihrem Kunden mit entsprechender Bonität einen Kredit bewilligt, überweist sie ihm das Geld auf sein Girokonto. Doch sie finanziert es nicht vollständig mit Spareinlagen gegen. Zur Sicherheit muss sie nur einen bestimmten Anteil bei der Zentralbank hinterlegen, die Mindestreserve. Im Euroraum beträgt die aktuell nur ein Prozent. Vergibt die Bank also einen Kredit von 10.000 Euro, muss sie nur 100 Euro bei der EZB hinterlegen. In der Schweiz liegt dieser Satz bei 2,5 Prozent, da wären also auf 10.000 Franken Kredit 250 Franken fällig.

Wo ist dann das Problem?

Wenn der Kunde physisch an sein Geld möchte, muss er darauf vertrauen, dass ihm die gewünschte Summe am Geldautomaten ausgezahlt wird. Sinkt dieses Vertrauen, kann es zu einem „Bank-Run“ kommen, eine Bank in einer Krise kann dann meist nicht alle Einlagen als Bargeld auszahlen.

Warum die Abstimmung?

Die Initiative befürchtet, dass nach Banken- und Eurokrise eine Krise des Geldsystems drohen könnte, wenn die Geldschöpfung weiter vor allem Privatbanken überlassen wird. Sie glaubt, der Staat könne besser mit Geld umgehen. Deshalb will sie die Geld-Steuerung allein der Notenbank überlassen.

Ist die Idee vernünftig?

„Ein Geldsystem, das die Entstehung von Blasen hemmt, wäre wünschenswert“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Die Banken könnten nur begrenzt ihre Kreditvergabe ausweiten, so dass sich Schulden nicht so schnell auftürmen könnten. Die Finanzstabilität könnte steigen. Zudem würde der Staat profitieren, denn die Gewinne aus der Geldschöpfung würde die Notenbank und damit am Ende der Staat kassieren.

Gibt es Nachteile?

„Der Notenbank würde das Leben schwerer gemacht“, meint Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Diba. Der politische Druck auf die Zentralbanken stiege. „Im Vollgeldsystem gewährt die Zentralbank dem Staat zins- und tilgungsfreie Kredite“, meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Der Staat müsse nicht mehr um Geld „kämpfen“, das wecke Begehrlichkeiten. Er bezahle mit dem Notenbankgeld Löhne, Renten und anderes und bringe es so in Umlauf. „ Es ist eine Illusion, dass man die Kreditvergabe immer kontrollieren kann“, urteilt Brzeski. Bei Überhitzungen wäre es sehr schwierig, die Geldmenge zu reduzieren. Und noch mal Krämer: Wenn der Staat immer mehr Geld fordere, dann sei das Staatsfinanzierung mit der Notenpresse.

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