Parlamentswahl in Frankreich Die Linke siegt, Pech für Royal

Paris · Präsident François Hollande kann laut Hochrechnungen mit der absoluten Mehrheit im Parlament regieren. Von mehr als 300 gewonnenen Sitzen gehen Meinungsforschungsinstitute bei den Sozialisten aus – die Grenze liegt bei 289 Sitzen. Hollandes Ex-Partnerin Ségolène Royal scheiterte.

 Kalter Blick, die Miene versteinert: Ségolène Roya stellte sich nach ihrer Niederlage der Presse.

Kalter Blick, die Miene versteinert: Ségolène Roya stellte sich nach ihrer Niederlage der Presse.

Foto: afp, NICOLAS TUCAT

Präsident François Hollande kann laut Hochrechnungen mit der absoluten Mehrheit im Parlament regieren. Von mehr als 300 gewonnenen Sitzen gehen Meinungsforschungsinstitute bei den Sozialisten aus — die Grenze liegt bei 289 Sitzen. Hollandes Ex-Partnerin Ségolène Royal scheiterte.

Sechs Wochen nach seiner Wahl zum neuen französischen Staatspräsidenten hat François Hollande seinen Erfolg perfekt gemacht. Der Sozialist kann sich fortan auf eine breite Mehrheit in beiden Parlamentskammern stützen. Nach der entscheidenden zweiten Wahlrunde zur Nationalversammlung rückt auch die bisher konservativ dominierte Abgeordnetenkammer klar nach links.

Die Wahlbeteiligung fiel mit rund 56 Prozent allerdings historisch niedrig aus.

Getrübt wurde die Freude der Sozialisten durch die Niederlage von Hollandes ehemaliger Partnerin Ségolène Royal in La Rochelle und den Einzug der rechtsextremen Front National (FN) ins Parlament.

PS kann wohl durchregieren

Hochrechnungen zufolge erzielte Hollandes sozialistische Partei (PS) 291 bis 320 Abgeordnetensitze — das wäre mehr als die absolute Mehrheit, die bei 289 Mandaten liegt.

Damit ist die PS wohl weder auf die Grünen angewiesen, die mit 20 Abgeordneten Fraktionsstatus erreichten, noch auf die Euro-skeptischen radikalen Linken, mit denen das Regieren schwierig geworden wäre. Stattdessen können die Sozialisten sogar alleine nahezu ungehindert die politische Richtung der zweitgrößten EU-Volkswirtschaft bestimmen.

UMP vor ungewisser Zukunft

Die konservative UMP des abgewählten Präsidenten Nicolas Sarkozy erlebte dagegen eine Niederlage. Sie erreichte nur 212 bis 221 Sitze und steht nach dem Abgang von Sarkozy vor einem inneren Machtkampf und einer Neuorientierung mit ungewissem Ausgang.

Immer stärker wird zudem die parteiinterne Diskussion um einen möglichen Schulterschluss mit der rechtsextremen Front National (FN). Deren erklärtes Ziel ist die Auflösung der UMP, um sich selbst als schlagkräftige neue Partei im rechten Lager zu präsentieren.

Le Pens Enkelin im Parlament

Erstmals seit Jahren schaffte die FN wieder den Einzug in die Nationalversammlung. Sie erhielt den Hochrechnungen zufolge ein bis vier Mandate. Eines davon entfällt auf Marion Maréchal-Le Pen, die Enkelin des Parteigründers Jean-Marie Le Pen, die im südfranzösischen Carpentras antrat. Sie wird mit 22 Jahren die jüngste Abgeordnete.

Eine Niederlage erlitt dagegen offenbar ihre Tante, die FN-Chefin Marine Le Pen. Sie unterlag, wenn auch äußerst knapp, im nordfranzösischen Hénin-Beaumont dem Sozialisten Philippe Kemel und fordert nun eine Neu-Auszählung der Stimmen.

Besonderes Augenmerk galt auch dem westfranzösischen Wahlkreis um La Rochelle. Dort erlitt Hollandes frühere Lebensgefährtin Ségolène Royal eine deutliche Niederlage gegen den PS-Abweichler Olivier Falorni. Der Machtkampf in La Rochelle hatte in der vergangenen Woche eine besondere Dynamik erhalten, als Hollandes gegenwärtige Partnerin Valérie Trierweiler überraschend im Internetdienst Twitter für Falorni Partei ergriff.

Trierweiler-Gate mit Folgen

Die Premiere Dame stellte sich damit nicht nur gegen die PS-Mehrheit, sondern auch gegen Hollande selbst, der der Mutter seiner vier Kinder Unterstützung zugesagt hatte.

Trierweilers Einmischung in den Wahlkampf und ihre öffentliche Ohrfeige für ihre "Vorgängerin" Royal löste in Frankreich umgehend einen politischen Eklat aus geriet zum ersten Fauxpas im Parcours von Hollande. Vor allem das rechtsbürgerliche Lager hatte das sogenannte "Trierweiler-Gate" genüsslich ausgeschlachtet, in der Hoffnung, daraus Profit zu schlagen.

Wenngleich die Affäre Hollande in Verlegenheit brachte, geschadet hat sie ihm bei der Parlamentswahl offenbar nicht. Mit dem klaren Triumph seiner Sozialisten kann Hollande nicht nur sein dem "Wandel" verschriebenes Wahlprogramm durchsetzen, sondern auch mit seinen Forderungen für eine Neuorientierung der Europapolitik gestärkt auftreten.

Mit einer satten Mehrheit im Rücken könnte Hollande gestärkt in den EU-Gipfel gehen, und Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederum darf sich auf einen Präsidenten mit gesteigertem Selbstbewusstsein vorbereiten

(pst)
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