Kommentar zur Seenotrettung Mutige Retter mit Hang zum Risiko

Düsseldorf · Der Einsatz der privaten Seenotretter verdient Anerkennung. Trotzdem sind die Helfer oft überfordert - physisch, juristisch und humanitär.

 Die deutsche Kapitänin des Seenotrettungsschiffes „Sea Watch 3“, Carola Rackete (M.), winkt nach ihrer Ankunft im Hafen von Porto Empedocle den Menschen zu. Danach wird sie von einem italienischen Ermittlungsrichter vernommen.

Die deutsche Kapitänin des Seenotrettungsschiffes „Sea Watch 3“, Carola Rackete (M.), winkt nach ihrer Ankunft im Hafen von Porto Empedocle den Menschen zu. Danach wird sie von einem italienischen Ermittlungsrichter vernommen.

Foto: dpa/Pasquale Claudio Montana Lampo

Wer Menschen in Seenot rettet, begeht eine humanitäre Tat und kein Verbrechen. Die Besatzung des Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“ handelte also richtig, als sie den italienischen Hafen in Lampedusa ansteuerte – trotz des Landeverbots der italienischen Regierung. Wer 40 hilflose Menschen an Bord hat, die Folter ausgesetzt waren oder vor Verzweiflung ins Wasser springen wollten, muss etwas unternehmen, um die Lage nicht außer Kontrolle geraten zu lassen. Man könnte die Kapitänin Carola Rackete und ihre Crew fast als Helden bezeichnen, zumindest als mutige Retter, die für andere ein hohes Risiko eingehen. Ruhr-Bischof Overbeck hat es treffend ausgedrückt, wenn er in der Rettung die „humanen und christlichen Werte Europas“ erkennt. Solche Menschen verdienen das Bundesverdienstkreuz und nicht das Gefängnis.

Man sollte aber der italienischen Regierung nicht einseitig die Rolle des Bösewichts zuweisen. Denn Italien wurde von den übrigen Europäern jahrelang mit dem Problem der Mittelmeerflüchtlinge allein gelassen. Das Stichwort dafür hieß Dublin 2 und kam den Binnenländern der EU wie zum Beispiel Deutschland sehr zupass. Dass Populisten diese Situation eines Tages ausnützen würde, war nur eine Frage der Zeit. Auch das Schweigen und Nichtstun der übrigen EU-Staaten, die davon nicht direkt betroffen sind, verdient deshalb heftige Kritik.

Und schließlich müssen sich auch die Retter fragen lassen, warum sie die Menschen nicht in ein Land wie Tunesien bringen. Die einzige Demokratie in der arabischen Welt soll bald als sicheres Herkunftsland gelten. Der Kampf gegen Schlepper wird mit solchen Aktionen allein auch nicht gewonnen. Trotzdem bleibt der Einsatz der „Sea Watch“-Crew eine menschenfreundliche Tat, die unsere volle Unterstützung verdient.

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