18 Monate in der Regierung Die Chronik der FPÖ-Skandale – Von Putin bis zum Nazi-Liederbuch

Wien · Das Video-Debakel von Strache ist nur die jüngste Entgleisung im politischen Wien. Die 18 Monate in der Regierungsverantwortung waren von zahlreichen Skandalen rund um die FPÖ geprägt. Ein Überblick.

 Wladimir Putin tanzt mit Österreichs Außenministerin Karin Kneissl.

Wladimir Putin tanzt mit Österreichs Außenministerin Karin Kneissl.

Foto: AP/Roland Schlager

Es war ein politisches Erdbeben, das die österreichische Regierungskoalition aus konservativer ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ zum Platzen brachte: Nach dem Video-Skandal um den inzwischen als Vizekanzler und FPÖ-Chef zurückgetretenen Heinz-Christian Strache ist die Koalition in Wien am Ende. Ihre lediglich 18 Monate in der Regierungsverantwortung waren von zahlreichen Skandalen rund um die FPÖ geprägt. Ein Überblick:

Durchsuchungen beim Verfassungsschutz

Kaum im Amt des Innenministers, lässt der FPÖ-Politiker Herbert Kickl im Februar 2018 den Sitz des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) durchsuchen. Auf Veranlassung seines Ministeriums werden - im Zuge von Korruptionsermittlungen - Daten zu Rechtsextremen und Burschenschaften beschlagnahmt, die der FPÖ nahe stehen sollen.

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Die Durchsuchung löst einen Skandal aus und ist noch immer Gegenstand juristischer und parlamentarischer Untersuchungen. Die Angelegenheit hat auch international Folgen: Mehrere westliche Geheimdienste schränken ihren Informationsaustausch mit Österreich ein, da die Vertrauenswürdigkeit des BVT in Frage steht. Es besteht die Sorge, dass Informationen an Moskau weitergegeben werden könnten, da die FPÖ eine Kooperationsvereinbarung mit der Partei Einiges Russland des russischen Staatschefs Wladimir Putin getroffen hat.

Walzer mit Putin

Im August 2018 sorgt Österreichs von der FPÖ gestellte Außenministerin Karin Kneissl für Kopfschütteln, als sie den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf ihrer Hochzeit empfängt. Kneissls Tanz mit Putin und ihr tiefer Knicks vor dem russischen Staatschef sorgen für heftige Kritik. Kremlnahen Medien ist es eine Freude, die Bilder inmitten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft zu veröffentlichen.

Nazi-Liederbuch

Bei der Burschenschaft Germania wird im Januar 2018 ein Gesangbuch mit judenfeindlichen und volksverhetzenden Liedern entdeckt. Besonders brisant: Vize-Vorsitzender der Burschenschaft ist der FPÖ-Politiker Udo Landbauer, der als aufsteigender Stern in der Partei gilt. Landbauer tritt zunächst von seinen Ämtern zurück, übernimmt diese jedoch kurz darauf wieder.

Trotz der Bemühungen der FPÖ, ihr Image zu verbessern, gibt es fast wöchentlich fremdenfeindliche, schwulenfeindliche und neonazistische Entgleisungen von Führungskadern und Mitgliedern der Partei.

Die Identitären und Christchurch

Ende März 2019 ordnet die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen in der rechtsextremen Szene an, nachdem bekannt wurde, dass die "Identitäre Bewegung Österreich" (IBÖ) eine Spende von 1500 Euro von dem australischen Rechtsextremisten Brenton Tarrant erhielt. Tarrant hatte Mitte März im neuseeländischen Christchurch zwei Moscheen gestürmt und das Feuer auf die Gläubigen eröffnet - 51 Menschen wurden getötet. IBÖ-Mitbegründer Martin Sellner räumt ein, regelmäßig E-Mail-Kontakt mit Tarrant gehabt zu haben.

Die Enthüllungen zu Tarrants Spende bringen auch die FPÖ in Bedrängnis. Mehrere FPÖ-Führungsfiguren sind Mitglied bei den "Identitären"; Strache hatte in der Vergangenheit unverhohlen Sympathie für die rechtsradikale Bewegung gezeigt.

Strache und die "Oligarchen-Nichte"

Ende vergangener Woche dann kommt der Skandal ans Licht, der das politische Aus für Vizekanzler und FPÖ-Chef Strache und das Ende der Regierungskoalition bedeutet: In einem auf Ibiza heimlich aufgenommenen Video, das die "Süddeutsche Zeitung" und der "Spiegel" in Auszügen veröffentlichen, zeigt sich Strache vor der Parlamentswahl 2017 bereit, als Gegenleistung für verdeckte Wahlkampfgelder öffentliche Aufträge an die angebliche Nichte eines russischen Oligarchen zu vergeben. Strache tritt nach Veröffentlichung der Aufnahmen von seinen Ämtern zurück.

(lukra/AFP)
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