Afrika-Blog Die afrikanischen Präsidenten werden „gegrillt“

Accra (RP). Bundespräsident Horst Köhler ist vier Tage lang im afrikanischen Land Ghana zu Gast. Dort diskutiert er mit jungen Führungskräften aus Deutschland und Afrika über die Zukunft des Kontinents. Unsere Mitarbeiterin Dirke Köpp begleitet den Bundespräsidenten und schildert hier ihre Erlebnisse. Ihre Eindrücke hat sie auch in kurzen Videos festgehalten.

Sonntag, 14. Januar 2007

Am Sonntagmorgen ging das Afrika-Forum zu Ende; die Teilnehmer hatten den ganzen Samstag gearbeitet, abends ein bisschen getanzt (!), nun sollte es eine Abschlussdiskussion geben. Nachdem der Bundespräsident gestern schon gesagt hatte: "Die jungen Leute haben ihre Präsidenten ,gegrillt'", waren natürlich alle gespannt, wie sich die jungen Leute schlagen würden. Vor allem, weil das Alter in Afrika anders als (heutzutage) in Deutschland den jungen Leuten wirklich Respekt abfordert.

Der Schriftsteller Wole Soyinka erzählte mir zwar, die Zeit der Gerontokratie (der Herrschaft der Alten) in Afrika sei vorbei — diese Meinung teilen aber die meisten anderen, mit denen ich gesprochen habe, nicht.

Es ist auf jeden Fall schon ziemlich außergewöhnlich, dass junge Leute so einfach mit ihren Präsidenten sprechen — und es ist ein tolles Verdienst des Bundespräsidenten, dass er das so hinbekommen hat! Tatsächlich nahmen manche der jungen Leute kein Blatt vor den Mund. Besonders kritisch aber ging Unomwinjo Katjipuka-Sibolile aus Namibia, Vertreterin der Arbeitsgruppe Politik, mit den Staatschefs ins Gericht: "Wir möchten Sie daran erinnern, dass Sie gewählte Repräsentanten sind und Ihre Bevölkerung so gut wie möglich vertreten sollen. Und wir müssen sagen: Sie könnten Ihre Sache besser machen!"

Sie und ihre Gruppe appellierten an die Präsidenten: "Alle Dialoge müssen irgendwann zu Ergebnissen führen und endlich Wirkung zeigen. Wir glauben nicht, dass wir zu viel von Ihnen verlangen — und Sie können sicher sein: Wir werden wiederkommen und ein Feedback fordern."

Der ghanaische Präsident John Kufuor hat auf ihr Statement gleich reagiert und gesagt, wie nötig Afrika junge, rebellische Menschen brauche, um etwas zu ändern. Er verwies auf Kwame Nkrumah, den ersten Staatspräsidenten Ghanas, der das Land als erste afrikanische Kolonie in die Unabhängigkeit führte, und es klang so, als solle Nkrumah Vorbild sein. Gleichzeitig versprach er in einem Nebensatz, er werde auf keinen Fall die Verfassung ändern.

Hintergrund dieser in dieser Form leicht verkürzten Äußerung ist, dass Herr Kufuor als Präsident bereits in seiner zweiten Amtszeit ist — und laut Verfassung zu den nächsten Wahlen 2008 nicht mehr antreten darf. Und in Afrika gibt es ja immer die Angst davor, dass der Machthaber nicht freiwillig zurücktritt, sondern sich an seine Macht klammert… Ähnliche Ängste gibt es derzeit in Nigeria mit dem Präsidenten Olusegun Obasanjo, der auch am Forum in Accra teilnahm. Jedenfalls hat Herr Kufuor mit dieser Äußerung noch einmal klargemacht, dass er nicht wieder antreten wird.

Die jungen Leute des Afrika-Forums haben dann eine Abschlusserklärung verabschiedet, in der sie Forderungen aufstellen zu den vier Themen Umwelt, Kriege und Alltagsgewalt, Bildung und politische Partizipation. So wollen sie etwa ein klares Bekenntnis der internationalen Gemeinschaft zum Umweltschutz und der Biodiversität, empfehlen, die Stärkung des Rechtsstaates durch eine Reform staatlicher Institutionen, fordern kostenlose und obligatorische Grundbildung für jedes Kind und die Umsetzung der Jugendcharta der Afrikanischen Union sowie die Förderung von Einrichtungen, die die Teilhabe junger Menschen an politischen Prozessen auf allen Ebenen des Staates ermöglichen.

Dann ging es im Eiltempo zum Flughafen, wo die Maschine der Luftwaffe, die "Theodor Heuss" schon wartete. Ungewöhnlich sind bei Präsidenten- und sicher auch Kanzler- oder Ministerreisen die Rückflüge: Für die Stewards ist auf den Flugzeuggängen kaum noch ein Durchkommen, weil alle in den Gängen stehen, letzte Gelegenheiten für Gespräche, Mini-Interviews oder einfach nur den Austausch von Visitenkarten nutzen.

Wenn dann noch der Bundespräsident vorbeikommt, um sich zu verabschieden, bricht endgültig das Chaos aus. Super war übrigens Herrn Köhlers Reaktion auf die Bilder der Fotografen, die ihn beim Tanzen abgelichtet hatten: Er war sichtlich amüsiert!

Tja, und so geht die Reise dann zu Ende… jedenfalls diese — denn der Bundespräsident ist in einigen Wochen schon wieder unterwegs, dann allerdings nach Südamerika.

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