UN-Millenniumsgipfel in New York Die Ärmsten im Sog der Finanzkrise

New York (RPO). Es sind ehrgeizige Ziele, die sich die Vereinten Nationen zur Bekämpfung der weltweiten Armut gesetzt haben. 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sollen bis 2015 in die Entwicklungshilfe fließen. Daran soll auch nach dem Millenniumsgipfel festgehalten werden. Doch der tatsächlichen Verwirklichung steht eines im Weg: die globale Wirtschafts- und Finanzkrise.

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Foto: AFP

New York (RPO). Es sind ehrgeizige Ziele, die sich die Vereinten Nationen zur Bekämpfung der weltweiten Armut gesetzt haben. 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sollen bis 2015 in die Entwicklungshilfe fließen. Daran soll auch nach dem Millenniumsgipfel festgehalten werden. Doch der tatsächlichen Verwirklichung steht eines im Weg: die globale Wirtschafts- und Finanzkrise.

Rettungspakete, Milliarden für der Pleite nahe Banken, Aufkauf von Staatsanleihen — die Maßnahmen, die die EU zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise getroffen haben, waren enorm. Und nicht nur in Europa. Auch etwa in den USA wurde der maroden Konjunktur kräftig unter die Arme gegriffen.

Über die Kraftanstrengungen, mit der sich die Regierungen weltweit gegen eine der größten Krisen der letzten Jahrhunderte gestemmt haben, würde sich manches Entwicklungsland freuen. Denn plötzlich war es möglich, Millionen, gar Milliarden locker zu machen, um etwa den griechischen Staat vor einer Pleite zu bewahren.

Doch die Entwicklungsländer sind eben nicht das, was sie für solche Hilfen sein müssten: nämlich systemrelevant. Egal ob Banken oder Staaten - die Rettungsaktionen waren vor allem dafür vorgesehen, Schlimmeres zu verhindern. Und in Fällen wie Griechenland war die Gefahr zum Greifen spürbar. Das ist sie für viele Industriestaaten bei den Entwicklungsländern eben nicht.

Warnungen der Hilfsorganisationen

Und so warnten schon zu Hochzeiten der Krise zahlreiche Organisationen davor, dass es gerade die Entwicklungsländer sein werden, die unter der Krise zu leiden hätten. Diese nüchterne Bilanz zieht nun auch mancher Politiker, während Bundeskanzlerin Angela Merkel und hunderte weitere Staats- und Regierungschefs in New York beraten, wie der Stand bei der Verwirklichung der Milleniumsziele ist.

So hagelte es schon zu Beginn des UN-Gipfels von allen Seiten Kritik. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin etwa erklärte, Deutschland hinke mit den Entwicklungszusagen hinterher. Seine Partei fordert mehr Geld für die Entwicklungshilfe. Und die Präsidentin der Welthungerhilfe wirft der Bundesregierung im Deutschlandfunk vor, "nicht ausreichend" für die Ziele des UN-Gipfels gekämpft zu haben.

Dass es um die Verwirklichung der Milleniumsziele auch in Deutschland besser stehen könnte, gesteht auch Entwicklungsminister Dirk Niebel ein. Im Deutschlandfunk räumte er ein, dass Deutschland mit seinen Finanzierungszusagen hinter dem selbst gesteckten Ziel zurückgeblieben sei. Denn wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise müsse man eine realistische Messlatte anlegen.

Genau darin liegt auch das Problem. Die Bundesregierung will als Vorbild agieren und hat sich das 0,7-Prozent-Ziel sogar in die Koalitionsvereinbarung geschrieben. Ein ehrgeiziges Vorhaben, das auch im aktuellen Haushalt berücksichtigt wird. Denn während in vielen Ressorts geknausert werden muss, ist die Entwicklungspolitik vom Sparpaket der Bundesregierung nicht betroffen.

256 Millionen Euro mehr

In diesem Jahr stehen dem Entwicklungsministerium sogar 256 Millionen Euro zur Verfügung, das sind insgesamt knapp über sechs Milliarden Euro. Ob dies aber auch in den nächsten Jahren so bleiben wird, ist fraglich. Denn schon jetzt wird es für möglich gehalten, dass die Entwicklungshilfe gedeckelt wird. Das 0,7-Prozent-Ziel scheint dann in weite Ferne zu rücken. Denn in diesem Jahr werden laut Niebel gerade einmal 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Entwicklungshilfe ausgegeben.

Es ist ein finanzpolitisches Dilemma, vor dem die deutsche Regierung steht, zumal offen ist, wie lange die Bevölkerung die Entwicklungshilfe unterstützt, wenn bei ihr selbst massiv gekürzt werden muss. Doch dieses Dilemma trifft nicht nur Deutschland, sondern eben auch alle anderen Industriestaaten in Europa und der Welt. Wie soll die eigene Krise überwunden und zugleich den Ärmsten der Welt geholfen werden?

Eine wirkliche Antwort darauf werden auch die Staatschefs in New York nicht finden, zumal das Abschlussdokument schon vor Beginn ausgearbeitet wurde. Und so heißt es wieder einmal abwarten, ob die hochgesteckten Ziele tatsächlich noch in den nächsten fünf Jahren erreicht werden können. Und es bleibt zu hoffen, dass es nicht die Entwicklungsländer sind, die als die großen Verlierer aus der Krise hervorgehen.

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