Pressestimmen zur ersten PK "Die Ära Trump beginnt im Gewitter"
Die erste Pressekonferenz von Donald Trump nach seiner Wahl zum US-Präsidenten und dessen bevorstehender Amtsantritt ist von vielen Zeitungen im In- und Ausland kommentiert worden. Wir haben einige Kommentare zusammengetragen.
tagesschau.de: "Aber, so fragt man sich, wie wird dieser Mann erst reagieren, wenn es ernst wird? Wenn Nordkorea seine Atomwaffen Richtung Kalifornien ausrichtet, wenn Putin mehr Appetit auf Osteuropa bekommt, wenn eine zweite Finanzkrise droht. Trump wirkt auch wenige Tage, bevor er den Atomkoffer in die Hand gedrückt bekommt, unberechenbar. Der Sieg, den ihm niemand mehr nehmen kann, hat ihn nicht entspannter sondern nervöser gemacht. Man kann das gut verstehen. Die ganze Dimension des Amtes wurde ihm vielleicht erst in den letzten Wochen bewusst."
zeit.de: "Donald Trump hat in der Situation einer Pressekonferenz, die er nicht vollständig kontrollieren konnte, erneut seine Unfähigkeit gezeigt, souverän zu agieren. Wer nicht einmal gelassen mit kritischen Journalisten umgehen kann, sondern dem CNN-Korrespondenten lieber das Wort entzieht, weil der Sender ohnehin nur 'Fake-News' produziere, macht sich lächerlich. Trumps Pressekonferenz war, wie so viele seiner Auftritte, von Inkompetenz und Ignoranz geprägt."
faz.net: "Doch wird es ihm gelingen, die aufgeheizte Stimmung in Amerika zu beruhigen? Auch seine Anhänger dürften die Veröffentlichung von solchen Geheimdienstberichten als weiteren Beleg dafür ansehen, wie verzweifelt das verhasste 'Establishment' versuche, sich an dem Mann zu rächen, der es besiegte. Amerika stehen schwere Zeiten bevor. Wie es aus seiner tiefen Zerstrittenheit gestärkt hervorgehen soll, bleibt Trumps Geheimnis, das er auch in seiner ersten Pressekonferenz nicht lüftete."
Tagesspiegel: "Trump ist absichtlich unanständig. Er erlaubt sich Dinge, 'die unmöglich zu machen einer kritischen Humanität mit größter Mühe gelungen war', wie Thomas Mann es 1931 in seinem Aufsatz 'Die Wiedergeburt der Anständigkeit' formulierte. Dabei adelt er sein Verhalten durch jene Immunität, die ihm die neue Macht verleiht. Sein Motto: Mir kann keiner was. Meine Tabubrüche bleiben folgenlos. Mut, Schläue und Dreistigkeit: Das sind die wahren Tugenden. In der Geschäftswelt, wo es vorrangig um Wachstum und Profitsteigerung geht, mag das stimmen. Doch in der Politik muss das Zusammenleben von Menschen gerecht geregelt werden."
Deutsche Welle: "In Wirklichkeit war diese Veranstaltung keine Pressekonferenz. Wohl aber ein Vorgeschmack, wie der künftige Präsident mit kritischen Journalisten umzugehen gedenkt. 'Sie sind gefeuert', war sein letzter Satz. Als Witz gemeint, in Richtung seiner Söhne, wenn sie seine Geschäfte nicht gewinnbringend führten. Von den anwesenden Journalisten lachte keiner."
Kölner Stadtanzeiger: "Wer noch Hoffnungen hatte, dass sich der pöbelnde Wahlkämpfer Trump in einen besonnenen Staatsmann verwandeln würde, der sollte diese Hoffnungen besser fahren lassen. Trump ist Trump. Er bleibt sich und seinem Stil treu, auch wenn das stillos ist."
Badische Zeitung: "Trump lobte sich mit Halbwahrheiten, verhöhnte politische Gegner und wischte sein Versprechen vom Tisch, Steuerunterlagen zu veröffentlichen. Selbst er glaubt inzwischen, dass Russland für die Hackerangriffe gegen die Demokraten verantwortlich war. Warum er das monatelang bestritten hat, mochte er nicht erklären. Der politische Alltag wird ihn bald zu präziseren Ansagen zwingen."
Westfalen-Blatt: "Von 'No-Drama-Obama' zu 'All-Drama-Trump' – der Gegensatz zwischen dem scheidenden und künftigen Präsidenten könnte kaum schärfer sein. Während Obama seine 'Farewell'-Ansprache in Chicago für eine Reflexion über den Zustand der amerikanischen Demokratie nutzte, legte sich Donald Trump bei der ersten Pressekonferenz seit seiner Wahl mit den US-Geheimdiensten an. Was auch immer an dem geleckten Russland-Dossier dran ist, Trumps Vergleich mit Nazi-Deutschland schießt weit über das Ziel hinaus. In keinem Fall dürfte es sich für ihn als klug erweisen, den offenen Krieg mit den Schlapphüten zu suchen. Eher früher als später wird der künftige Präsident auf den guten Willen der Geheimdienste angewiesen sein."
Le Figaro (Frankreich): "Trump wird seine Oberbefehlshaber-Mütze mit einem angespannten Verhältnis zu seinen Spionen aufsetzen, was ärgerlich ist. Die vom künftigen Präsidenten gewünschte Annäherung mit Russland verkompliziert sich, er läuft Gefahr, ständig als Lakai (des russischen Präsidenten Wladimir) Putins behandelt zu werden. (...) Wir sind noch weit vom Impeachment entfernt, jenem Amtsenthebungsverfahren, das schon gegen drei amerikanische Präsidenten in Stellung gebracht wurde. Aber die Ära Trump beginnt im Gewitter. Und eine Frage stellt sich immer mehr, je tiefer der Schlamm wird. Bis zu welchem Punkt kann das solide amerikanische System diese unwahrscheinliche Serie an Donnerschlägen einstecken?"
Times (Großbritannien): "Es gibt gute Gründe dafür, dass Donald Trumps gestrige Pressekonferenz seine erste seit sechs Monaten war. Trumps Kritiker in den Medien haben viele Themen, zu denen sich potenziell peinliche Fragen stellen lassen. Darunter jene, die ein völlig unbestätigtes und wahrscheinlich abstruses Dossier mit sensationslüsternen Behauptungen über seine Beziehungen zu Prostituierten in Russland betreffen. Der gewählte Präsident hat derartige Behauptungen als erfundene Nachrichten zurückgewiesen, ebenso wie die Russen. Derweil sollten Amerikas Verbündete sich auf zwei Aspekte der anstehenden Präsidentschaft Trumps konzentrieren, die unzweifelhaft real sind. Trump beabsichtigt eine Annäherung an Russland und eine Kampfansage an die militärischen und wirtschaftlichen Ambitionen Chinas. Beides bedeutet eine radikale Abkehr von der bisherigen Außenpolitik der USA. Es wird Zeit für den Westen, sich ernsthaft mit der Vorstellung zu beschäftigen, dass dies eine wohlüberlegte Strategie ist, um Amerika mit Blick auf die Überreste der letzten kommunistischen Supermacht sowie die rapide wachsenden Interessen der aufstrebenden anderen Supermacht neu zu positionieren."
El País (Spanien): "Eine der Eigenschaften von Regierenden, die bezüglich internationaler Beziehungen am meisten geachtet wird, ist Vorhersehbarkeit. (...) Eine weitere wichtige Komponente ist Vorsicht: Abwarten und sehen, was passiert, ist oft viel erfolgreicher, als hastig zu handeln. (...) Aber mittlerweile scheint es klar, dass Donald Trump nicht zu der Gruppe der Regierenden gehören wird, die vorhersehbar sind - wie unter anderem seine konstanten Entgleisungen auf Twitter zeigen (...). Dies ist die Persönlichkeit des Mannes, der ins Weiße Haus einzieht: Es bringt nichts, die Realität leugnen zu wollen oder die geheime Hoffnung zu hegen, dass Trump, wenn er einmal im Oval Office sitzt, nicht genau das durchziehen wird, was er in seiner Wahlkampagne angekündigt hat."
Gazeta Wyborcza (Polen): "Trump wird nun Opfer der gleichen Waffe, zu der er selbst so gerne griff. Das von BuzzFeed veröffentlichte Material gehört eher einer anderen Kategorie von 'Postfaktismus' an, wenn der US-Geheimdienst es für richtig hielt, es dem scheidenden Präsidenten Obama und Trump selbst zu zeigen. Unbestätigt können jedoch Medien, die etwas auf sich halten, es nicht veröffentlichen. Leider deutet nichts darauf hin, dass Trump daraus eine Lehre ziehen würde. Dass er anerkennen würde, dass Postfaktismus eine fragwürdige Waffe ist und aufhört, sie gegen seine Gegner einzusetzen. BuzzFeed ist nur eine Episode des an Stärke gewinnenden Informationskriegs im digitalen Zeitalter."
Corriere della Sera (Italien): "Der, der heute das Weiße Haus verlässt, ist ein geschlagener Präsident. Der Sieg von Donald Trump im November ist eine Gefahr für seine politische Hinterlassenschaft. Aber es gibt etwas Schwerwiegenderes in dem Sieg von Trump und in seinem post-faktischen Universum. Der Wind hat sich gedreht. Die Medienlandschaft hat sich verändert. Es ist, als würde die gesamte (...) Herangehensweise Obamas verstoßen. An die Stelle eines Mannes, der überzeugt davon ist, dass es die Vernunft ist, die das Handeln der Menschen regiert, dass die Kraft eines Landes in der ständigen Suche nach einem Konsens liegt, tritt im Oval Office nun ein Mann an, der seinen eigenen Erfolg auf den eigenen Befindlichkeiten, Ressentiments und der ständigen Mobilmachung gegen jemanden aufgebaut hat. Es kommen einem die Worte von Obama in den Sinn, mit denen er seine Siegesrede in Chicago am 4. November 2008 begonnen hat: 'Wenn es irgendjemanden gibt, der noch immer daran zweifelt, dass Amerika der Ort ist, an dem alles möglich ist (...) – die heutige Nacht ist die Antwort.'"
Le Journal de la Haute-Marne" (Frankreich): "Donald Trump hat sein Amt noch nicht angetreten. Aber schon unternimmt er alles, um verachtet zu werden. Ohne eine einzige politische Entscheidung gefällt zu haben. Das fängt ja gut an. (...) Ob die neuesten Enthüllungen wahr sind oder nicht: Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Präsidentschaft von Donald Trump von haarsträubenden Wortgefechten zwischen ihm und seinen Kritikern und sprachlichen Exzessen begleitet sein wird. (...) Er steht künftig an der Spitze der mächtigsten Nation der Welt. Wie ein Bumerang dürfte all das zurückkehren, was er geschäftlich oder in seinem Privatleben nicht hat regeln können. Bei der Pressekonferenz haben wir einen Vorgeschmack darauf bekommen."