Boko Haram-Chef Abubakar Shekau Der Terrorist mit Tic quält Nigeria

Nairobi · Das Schicksal der fast 300 von Boko Haram verschleppten nigerianischen Mädchen ist ungewiss. Ihr Entführer Abubakar Shekau hat Schlimmstes angekündigt. Er gilt als skrupellos und launisch.

Die Sekte Boko Haram
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Foto: dpa, axs

Die Botschaft schlug ein. "Ich werde Frauen verkaufen", sagte Abubakar Shekau Tage nach der Entführung von fast 300 Mädchen aus einer Schule in Nigeria. Er äußerte sich in einer Videobotschaft, die in pixelig-schlechter Qualität im Internet auftauchte. Darin bekannte er sich mit einem höhnischen Grinsen zu der Tat, den Mädchen drohen Verkauf und Versklavung. Sturmgewehre im Hintergrund verliehen seiner Drohung Nachdruck.

Shekau ist der Anführer der radikalislamischen Terrorgruppe Boko Haram. Er gilt als einer der meistgesuchten Terroristen der Welt. Hinweise zu seiner Ergreifung waren den USA schon vor der Massenentführung Mitte April bis zu sieben Millionen Dollar (etwa fünf Millionen Euro) wert.

"Er ist isoliert, er wird immer extremer, und er ist wahnhaft genug, um zu glauben, er könne den nigerianischen Staat zu Fall bringen", beschreibt ihn Peter Pham vom Atlantic Council in Washington. Er hatte 2012 einen Bericht über die Gruppe geschrieben, die seit einigen Jahren die Menschen im Norden Nigerias in Angst und Schrecken versetzt.

Das Bekennervideo brachte Shekau nun weltweit in die Schlagzeilen. Er trägt darin einen Winterhut, an dem er hin und wieder herumzupft. Auch an seiner Hose fummelte er herum, als wäre er nervös. Ähnliche Tics fallen auch in früheren Videoaufnahmen auf. "Er gilt als launischer Hitzkopf", sagt E.J. Hogendoorn, Afrika-Experte der International Crisis Group.

"Westliche Bildung ist Sünde"

Boko Haram bedeutet übersetzt so viel wie "westliche Bildung ist Sünde". Die Gruppe will im Nordosten Nigerias einen Gottesstaat etablieren. Ihr Kampf hat nach Informationen der Crisis Group bereits mehr als 4000 Muslime und Christen das Leben gekostet, schätzungsweise 500.000 Menschen flohen aus ihren Städten, Hunderte Schul- und Verwaltungsgebäude rissen die Extremisten nieder. Sie wenden sich gegen westliche Einflüsse, weil diese angeblich die Gesellschaft zersetzen. Die Hälfte der 160 Millionen Menschen in Nigeria sind Christen.

Seit Shekau die Gruppe führe, habe sie sich radikalisiert, sagt Pham. Mohammed Yusuf, der Gründer von Boko Haram, wollte ursprünglich noch einen islamischen Staat ohne Gewalt durchsetzen. Yusuf wurde 2009 getötet, Shekau, dessen Alter unbekannt ist, übernahm.

Seither lässt er an seinen extremen Überzeugungen in zahlreichen Video- und Tonbotschaften keinen Zweifel. "Denkt nicht, der Dschihad ist vorbei. Er hat gerade erst begonnen", sagte er vor einigen Jahren in seinem ersten Videos. Ein Stapel religiöser Bücher und ein AK-47 Sturmgewehr sollten ihm Autorität verschaffen.

Shekau trat 2010 erstmals in den Vordergrund. Er galt nicht unbedingt als der natürliche Nachfolger Yusufs. Hogendoorn bezeichnet ihn vielmehr als "Yusufs Muskel". Durch sein skrupelloses Auftreten habe er jedoch die Führung übernommen, erklärt er. "So wurde er von einem örtlichen Anführer zu einer regionalen Bedrohung."

Immer wieder neue Anschläge und Überfälle zeigen die fortwährende Bedrohung durch die Extremisten. Im August 2011 griffen sie auch ein UN-Gebäude in der Hauptstadt Abuja an und töteten Dutzende Menschen. Präsident Goodluck Jonathan hat ihnen den Kampf angesagt und Soldaten in den Norden geschickt. Doch bislang ohne Erfolg. Erst am Mittwoch tötete Boko Haram Berichten zufolge bis zu 300 Menschen in einem Dorf.

Mit der Entführung der Mädchen und der darauf folgenden Videobotschaft hat Boko Haram nun einen internationalen Aufschrei ausgelöst. Die USA und Großbritannien haben der Regierung Hilfe im Kampf gegen die Extremisten zugesagt. Frühere Angebote hatte Jonathan ausgeschlagen, diesmal willigte er ein.

(ap)
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