Ministerpräsident Giorgos Papandreou Der tapfere Grieche mit den müden Augen

Athen (RPO). Giorgos Papandreou ist die Erschöpfung anzusehen. Mit müden Augen geht Griechenlands Ministerpräsident an den Fotografen vorbei zu einem Krisentreffen mit Präsident Karolos Papoulias. Kabinettsumbildung, Vertrauensfrage – er steht mit dem Rücken zur Wand. Aber der Sozialist bleibt entschlossen. Tapferkeit lernte der Grieche früh in seinem Leben. Ein putschender Offfizier hielt dem Politikersohn eine Pistole an den Kopf.

 Ministerpräsident Giorgos Papandreou sucht eine Entscheidung über die Vertrauensfrage.

Ministerpräsident Giorgos Papandreou sucht eine Entscheidung über die Vertrauensfrage.

Foto: AP, AP

Athen (RPO). Giorgos Papandreou ist die Erschöpfung anzusehen. Mit müden Augen geht Griechenlands Ministerpräsident an den Fotografen vorbei zu einem Krisentreffen mit Präsident Karolos Papoulias. Kabinettsumbildung, Vertrauensfrage — er steht mit dem Rücken zur Wand. Aber der Sozialist bleibt entschlossen. Tapferkeit lernte der Grieche früh in seinem Leben. Ein putschender Offfizier hielt dem Politikersohn eine Pistole an den Kopf.

Es waren Szenen, wie sie sich ein einer europäischen Demokratie noch nicht abgespielt haben. Tausende Demonstranten stürmten am Mittwoch zum griechischen Parlament warfen Steine auf Sicherheitskräfte und skandierten "Diebe, Verräter! Wo ist unser Geld geblieben?" Der Zorn der Bevölkerung zielte auf Papandreous Sparprogramm.

Sparen für Deutschland?

Ein von Arbeitslosigkeit und wachsender Armut geplagtes Volk soll den Gürtel noch enger schnallen, um von Deutschland formulierte Forderungen der Euro-Länder zu erfüllen? Handwerker, Lehrer, Busfahrer sollen politische Fehler aus fünf Jahrzehnten ausbügeln — das sieht die große Mehrheit der Griechen nicht ein.

Papandreou wurde in einer TV-Ansprache den Erwartungen, die die Euroländer in den 58-Jährigen setzten, gerecht. "Ich werde meinen Kurs beibehalten. Das ist meine Pflicht", sagte der Spross einer Politiker-Dynastie kämpferisch. Er werde dabei auf seine Partei, seine Fraktion und das griechische Volk bauen.

"Wenn ich das Problem bin..."

Notfalls wolle Papandreou seinen Posten aufgeben. "Wenn ich das Problem bin, klebe ich nicht an meinem Stuhl. Ich kann über alles reden, selbst über eine Regierung der nationalen Einheit", zitiert ihn ein TV-Sender.

Zu einer Allparteien-Regierung scheint es vorher nicht zu kommen. Papandreou bleibt im Fokus der hellenischen Wut. In den vergangenen Monaten hatte sich der Grieche mit der Ankündigung von harten Einschnitten den Respekt Europas verdient. Der studierte Soziologe kürzt im Öffentlichen Dienst das Weihnachts-, Oster-, und Urlaubsgeld. Die Steuersätze auf Alkohol, Tabak und Benzin steigen kräftig, die Mehrwertsteuer klettert auf 21 Prozent. Rentnern stehen Nullrunden ins Haus.

"Überlebenskampf"

Papandreou sucht mit der Vertrauensfrage die Entscheidung. Die Schuldenkrise seines Landes erklärte er bereits frühzeitig zum "Überlebenskampf". "Entweder wir ändern uns, oder wir gehen gemeinsam miteinander unter", rief er seinen Landsleuten zu. Papandreou scheint die Sünden seiner Vorfahren tilgen zu wollen.

Sein Großvater Georgios Papandreou und Vater Andreas Papandreou dienten beide als Ministerpräsident, beide stellten die Weichen für die aktuelle Krise. Der öffentliche Sektor wuchs zu einem Riesen heran, Haushalt und Neuverschuldung standen nie im Verhältnis zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Mittelmeerlandes.

"Sag' es, oder ich drücke ab!"

Über Papandreou sagen auch seine Gegner anerkennend, dass ihn nichts aus der Ruhe bringt. Kenner des großgewachsenen Griechen führen dies auf die Ereignisse vom Morgen des 21. April 1967 zurück. Griechische Obristen putschten sich an die Macht. Auch Papandreous Vater sollte verhaftet werden. Als die Soldaten an die Tür schlugen, öffnete der Sohn.

"Sag mir, wo Dein Vater ist, oder ich drücke ab", drohte ein Offizier und presste Giorgos seine Pistole an die Schläfe. Der Junge zögerte kurz, sagte dann: "Ich weiß es nicht." Andreas Papandreou kam anschließend freiwillig aus seinem Versteck und ließ sich verhaften. Die Geschichte vom Mut und vom Stolz des jungen Giorgos kennt noch heute jeder Grieche.

Erst nach der Vertrauensfrage am Donnerstag wird man wissen, ob Giorgos Papandreou auch weiterhin die Geschicke Griechenlands steuert. Sollte Papandreou scheitern — die Bemühungen um die Rettung Athens, der Kampf um den Euro würden wohl bei Null beginnen.

(RTR/AFP/DAPD/CSI)
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