Roland Koch Der Sheriff gerät selbst ins Visier

Wiesbaden (RPO). Hessens Ministerpräsident inszeniert sich gerne als Mann des Gesetzes. Als Politiker der durchgreift, wenn es um die Sicherheit der Bürger geht. Besonders vor Wahlen. Jetzt gerät Roland Koch selbst ins Visier. Migrantenverbände werfen ihm vor, die Gesellschaft zu spalten. Und in einer ARD-Talkshow musste sich der CDU-Politiker vorhalten lassen, dass ausgerechnet die hessische Justiz Probleme mit der Verurteilung junger Straftäter hat.

Roland Koch: Leben, Erfolge, Skandale
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Foto: ddp

Koch bestätigte, dass die hessischen Amts- und Landgerichte bei der Bearbeitung von Jugendstrafsachen bundesweit Schlusslicht sind. Nach Angaben von "hartaberfair" dauert die Bearbeitung von Straftaten Jugendlicher vom Eingang bei der Jugendstrafkammer des Amtsgerichtes bis zum Urteil im Bundesdurchschnitt 3,1 Monate; Hessen ist mit 4,1 Monaten Letzter. Am schnellsten arbeiten demnach die Jugendrichter in Bayern mit 2,3 Monaten.

Peinlich für Koch, der neben einer Verschärfung des Jugendstrafrecht auch eine schnellere Verurteilung junger Straftäter fordert. Der Ministerpräsident räumte die Probleme ein, konnte jedoch noch kein Konzept präsentieren. "Wir arbeiten an der Frage, wir müssen Wege finden. Das ist eine der Hausaufgaben, die wir noch haben." Er führe intensive Gespräche mit der Richterschaft, um dieses Problem zu lösen. Vorwürfe, es gebe zu wenig Richter in Hessen, wies Koch zurück. Es gebe allerdings Probleme bei der Arbeitsorganisation.

Bereits in der Vergangenheit musste sich Koch Vorwürfe aus der SPD anhören, er habe während seiner Regierungszeit massive Kürzungen bei Polizei, Justiz und Jugendhilfe gestrichen. Somit sei er selbst ein Teil des Gewaltproblems in Hessen.

Kritik auch von Migranten

In den Migrantenverbänden wächst der Unmut über die Gewaltdebatte der Union. Nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" haben 100 Organisationen von Zuwanderern einen offenen Brief an Koch und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geschrieben, in dem sie Vorurteile gegen Ausländer beklagen und vor einer Spaltung der Gesellschaft warnen.

Koch steht erneut im Mittelpunkt der Diskussion. Bei einer Mehrheit der Wähler kommen seine Thesen gut an. 65 Prozent der Wähler halten seine Forderungen für richtig. 30 Prozent lehnen sie ab. Nach einer "Stern"-Umfrage glaubt jedoch nur jeder Vierte, Koch gehe es tatsächlich um die Sache und nicht um Wahlkampf.

In diesem Spannungsfeld fühlt sich der Wahlkämpfer Koch augescheinlich wohl. 1999 sorgte er im Landtagswahlkampf mit einer Unterschriftenaktion gegen die Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft bundesweit für Aufsehen. Kritiker warfen ihm damals vor, mit populistischen Themen ausländerfeindliche Stimmungen zu bedienen. Koch hatte politisch Erfolg. Seine CDU löste die rot-grüne Regierung ab, Koch wurde Ministerpräsident.

2007 setzt Koch auf erneut auf diesen altbewährten Trumpf. In Umfragen liegen beide Lager eng beisammen. Die CDU liegt bei 40, die SPD bei 35 Prozent. FDP und Grüne liegen beide bei neun Prozent. Fraglich ist, ob die Linkspartei den Sprung ins Parlament schafft. Im persönlichen Duell mit seiner SPD-Herausforderin Andrea Ypsilanti liegt Koch gleichauf. Bei einer Direktwahl kämen beide auf 44 Prozent, ermittelte das Forschungsinistitut Infratest dimap.

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