Ein Kardinal packt an Der Robin Hood des Papstes

Rom · Kardinal Konrad Krajewski ist als Almosenmeister zuständig für die Armen. Wenn es darum geht, Bedürftigen zu helfen, fackelt er nicht lange.

 Kardinal Konrad Krajewski, Almosenmeister des Papstes, bei einer Messfeier. Der Pole gilt als ein Mann der Tat: Unlängst stellt er in einem besetzten Haus in Rom persönlich den Strom wieder an.

Kardinal Konrad Krajewski, Almosenmeister des Papstes, bei einer Messfeier. Der Pole gilt als ein Mann der Tat: Unlängst stellt er in einem besetzten Haus in Rom persönlich den Strom wieder an.

Foto: dpa/Alessandra Tarantino

Die päpstliche Almosenverwaltung ist eine eher unbekannte Behörde in der römischen Kurie. Ihr Chef ist der 55-jährige Pole Konrad Krajewski, der Anfang Mai in Italien Schlagzeilen machte. Denn der päpstliche Almosenier Krajewski schaltete eigenhändig den seit einer Woche abgestellten Strom in einem besetzten Gebäude in Rom wieder an und widersetzte sich auf diese Weise der staatlichen Obrigkeit. Weil die 450 Bewohner seit Monaten keine Rechnungen bezahlt und Schulden von 300.000 Euro angehäuft hatten, hatte der Stromzulieferer die Leitung gekappt. In dem Gebäude leben Familien, darunter etwa 100 Kinder sowie kranke und hilfsbedürftige Menschen. „Probieren Sie mal aus, ein paar Stunden ohne Strom und warmes Wasser zu sein“, sagt Krajewski.

Den „Robin Hood des Papstes“ nennen sie Krajewski nun in Italien. So bezeichnete die Tageszeitung „La Repubblica“ Krajewski auf ihrer Titelseite und wollte damit wohl einen Kontrapunkt setzen gegen die zahlreichen Berichte aus Italien von abgewiesenen Immigranten oder ausgegrenzten Sinti und Roma und das von der populistischen Regierung geförderte feindselige Klima gegen Minderheiten. Papst Franziskus verfolgt hier eine andere Agenda, sein verlängerter Arm ist dabei der Almosenverwalter Krajewski.

Der Pole ist mit 55 Jahren der derzeit zweitjüngste Purpurträger im Kollegium, aus dem der nächste Papst gewählt werden wird. Als Franziskus ihm im Juni vorigen Jahres das rote Birett aufsetzte, soll er gesagt haben: „Der Schreibtisch ist nichts für dich, du kannst ihn verkaufen. Warte nicht darauf, dass die Armen zu dir kommen, du musst raus und die Armen suchen!“ Krajewski, der auch schon Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos besuchte, steht für eine Kirche, die an die Ränder der Gesellschaft gehen muss, um zu wirken. Nachts ist der Almosenverwalter in Rom mit Helfern und einem weißen Lieferwagen unterwegs und verteilt Lebensmittel, Decken und Kleider an Obdachlose.

Unter Krajewski wurden am Petersplatz Duschen für Obdachlose aufgestellt und eine Frisierstube eingerichtet, dazu eine medizinische Anlaufstelle. Den oft osteuropäischen Obdachlosen ist es zudem gestattet, mit ihren Kartons in den Durchgängen in unmittelbarer Vatikannähe zu schlafen, morgens müssen sie dann allerdings wieder verschwinden. „Don Corrado“, wie sie den 1963 in Lódz gebürtigen Polen im Vatikan nennen, stellte syrischen Flüchtlingen seine Wohnung im Vatikan zur Verfügung und zog in seinem Büro in der Almosenstelle ein. „Ich habe keine Familie und bin ein einfacher Priester. Meine Wohnung zur Verfügung zu stellen, kostet mich nichts“, sagte der Kardinal, dem nun Ungemach wegen der eigenmächtigen Inbetriebnahme der Stromzufuhr droht.

Krajewski, der schon unter seinem Landsmann Johannes Paul II. in den Vatikan kam und jahrelang als Zeremonienmeister wirkte, hat offenbar einschlägige Vorkenntnisse. Wie es heißt, soll er vor seinem Studium als Elektriker gearbeitet haben. Krajewski, der die aus 18 Nationen stammenden Bewohner des besetzten Hauses schon früher mit Hilfsgütern und Medikamenten versorgt hat, versuchte am Wochenende offenbar, mit der Stadtverwaltung zu verhandeln. Als dies kein Ergebnis brachte, ging er eigenhändig zu Werke und hinterließ seine Visitenkarte am Tatort.

Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini polemisierte gegen den Kardinal und sagte, er hoffe, dass der Almosenverwalter nun auch die ausstehenden Rechnungen begleiche. „Kein Problem“, sagte Krajewski. „Ab sofort bezahle ich die Rechnung. Und die des Ministers gleich dazu.“

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