Frankreich wird zum "Sarkozy-Staat" Demokratie ohne Gegengewicht?

Paris (RPO). Die Partei UMP von Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat die erste Runde der Parlamentswahl am Sonntag mit gut 41 Prozent der Stimmen gerade triumphal gewonnen - Frankreich wird also zum "Sarkozy-Staat". Bei der zweiten Wahlrunde am 17. Juni kann das bürgerliche Lager hoffen, mehr als 400 der 577 Sitze in der Nationalversammlung zu erobern.

Sarkozy trifft Merkel
9 Bilder

Sarkozy trifft Merkel

9 Bilder
Foto: dpa

Angesichts der "blauen Welle", wie es in Anspielung an die Parteifarbe der UMP heißt, warnen Medien und Opposition, das Parlament könne die Kontrolle der Exekutive künftig nicht mehr ausüben.

"Die Überparteilichkeit des Staates, der Pluralismus der Meinungen in der Nationalversammlung ist in Gefahr", sagte Sozialistenchef François Hollande am Sonntagabend. Seine Partei PS konnte mit rund 27,5 Prozent ihr Ergebnis gegenüber 2002 zwar leicht verbessern, wird wegen des Mehrheitswahlrechtes aber wohl einige der 149 Sitze abgeben müssen.

Nur die neue Demokratische Bewegung von Zentrumspolitiker François Bayrou hat Aussichten, als weitere Oppositionspartei in die Nationalversammlung einzuziehen. Auf mehr als acht Sitze wird sie nach dem Ergebnis von gut sieben Prozent in der ersten Wahlrunde aber nicht kommen.

Nicht nur die Opposition, auch die Medien läuten die Alarmglocken. "Was ist eine moderne Demokratie ohne Gegengewicht? Die Allmacht Sarkozys ist eine Bedrohung", schrieb "Liberation" vor dem erwarteten Triumph der UMP. Von den Warnungen ließen sich die Franzosen aber nicht beeindrucken. Viele scheinen sich in das Schicksal der anbrechenden Ära widerstandslos zu fügen: Knapp 40 Prozent der Wahlberechtigten verzichteten am Sonntag auf die Stimmabgabe. Es war die geringste Beteiligung in der jüngeren Geschichte Frankreichs.

Schon im derzeitigen Parlament verfügen die Sarkozy-Partei und ihr Koalitionspartner UDF, künftig Neues Zentrum, über 388 Sitze und damit über 67 Prozent der Mandate. Der neue Präsident wies Befürchtungen vor einer Krise der Institutionen zurück. Er verlangte von den Wählern eine klare Legitimation für sein Programm, mit dem er Frankreich für die Globalisierung fitter machen will.

Befürchtungen, die Regierung könne künftig völlig unkontrolliert schalten und walten, ist Sarkozy bereits begegnet. So hat er angekündigt, der Haushaltsausschuss des Parlaments könne von einem Sozialisten geleitet werden. Doch Gesetzesvorhaben wird die Opposition künftig nicht verhindern können. Auch das verfassungsgemäße Recht des Parlaments, die Regierung zu stürzen, ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der kommenden Legislaturperiode nicht viel wert.

Allerdings hat die fünfte Republik in ihrer jüngeren Geschichte eine von nur einem politischen Lager beherrschte Nationalversammlung schon einmal ohne bleibende Schäden überstanden: Von 1993 bis 1997 verfügte die Koalition von Neogaullisten und Rechtsliberalen über rund 80 Prozent der Sitze. Bei der folgenden Wahl eroberten die Sozialisten die Parlamentsmehrheit zurück, sie konnten die Anzahl ihrer Sitze von 52 auf 250 verfünffachen.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort