Minister landete am Morgen in Masar-i-Scharif De Maizière zu Truppenbesuch in Afghanistan

Masar-i Scharif · Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ist am Donnerstag zu einem zuvor nicht angekündigten Truppenbesuch in Afghanistan eingetroffen. Der Minister begann seinen Besuch am Morgen in Masar-i-Scharif.

Mit einer solchen Begegnung hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière bei seiner Afghanistan-Reise wohl nicht gerechnet. Ausgerechnet eine Drohne vom Typ "Predator" wählte der italienische Verteidigungsminister Mario Mauro am Donnerstag als Kulisse, um sich im westafghanischen Herat von seinem Gast aus Deutschland zu verabschieden. De Maizière hatte das von den Italienern geführte Feldlager der internationalen Schutztruppe Isaf nahe der drittgrößten afghanischen Stadt zum ersten Mal besucht.

Auf Deutsch heißen die unbemannten Fluggeräte aus US-Produktion "Raubtier" und werden von den Amerikanern für ihren umstrittenen Krieg gegen den Terrorismus in Pakistan, im Jemen oder in Somalia genutzt. Die italienische Version ist allerdings unbewaffnet. "Unser Parlament würde eine Bewaffnung nicht mitmachen", sagte einer der italienischen Soldaten.

Das Problem könnte de Maizière auch bekommen. Der CDU-Politiker will Kampfdrohnen zum Schutz der eigenen Soldaten anschaffen. Die Unions-Parteien dürfte er dabei hinter sich haben, die FDP ist unentschlossen und die Opposition dagegen.

Das weitaus größere Drohnen-Problem für de Maizière heißt aber immer noch "Euro Hawk". Um das Scheitern der milliardenschweren Beschaffung der Aufklärungsdrohne ist es zwar ruhiger geworden.
Überstanden ist die Affäre aber noch nicht. Die Rücktrittsforderungen stehen weiter im Raum, der Vorwurf der Lüge auch.

Stress ist sichtbar

Der Stress der vergangenen Wochen ist nicht spurlos an de Maizière vorbeigegangen. Das Gesicht des 59-Jährigen ist schmaler geworden, er hat mehrere Kilo abgenommen. Den Untersuchungsausschuss zu dem teuren Drohnen-Debakel hat er noch vor sich, um sein Amt muss er aber wohl nicht mehr bangen. "In der Zwischenzeit werde ich natürlich meine Amtspflichten erfüllen und nicht auf Ihre Leimspur gehen", ließ de Maizière die Opposition in der vergangenen Woche wissen.

Amtspflichten - deswegen ist er nach Afghanistan geflogen. Aber auch bei seinem Besuch in dem von der Bundeswehr geführten nordafghanischen Isaf-Hauptquartier in Masar-i-Scharif wird er von den Problemen bei der Beschaffung von Rüstungsgütern nicht verschont. Die beiden Transport- und Sanitätshubschrauber vom Typ NH 90, die de Maizière dort besichtigt, sind zwar technisch auf dem neuesten Stand, aber sie kommen wegen diverser Verzögerungen bei der Entwicklung vier bis fünf Jahre zu spät.

Als die Bundeswehr vor drei Jahren von den Taliban mehrfach in stundenlange Gefechte verwickelt wurde, hätte sie den NH90 mit Sanitätsausstattung dringend benötigt. Damals waren es amerikanische Helikopter, die Verletzte und Tote bargen. Erst jetzt, 18 Monate vor dem Ende des Kampfeinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan, ist die "Fähigkeitslücke" - wie es im Militärjargon heißt - geschlossen. "Solche langen, komplizierten Verfahren, insbesondere wenn die Einsatznotwendigkeit drückt, die dürfen wir uns nicht oft leisten", sagte de Maizière.

Das Hauptthema des Besuchs waren aber die Planungen für die Zeit nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes in Afghanistan 2014. Deutschland ist dabei von allen Truppenstellern in Afghanistan am weitesten und hat mit 600 bis 800 Soldaten konkrete Zahlen für die geplante Ausbildungs- und Beratungsmission genannt.

Allerdings gibt es noch massive Probleme. Kurz vor der Ankunft de Maizières brach der afghanische Präsident Hamid Karsai die Gespräche mit den USA über ein Sicherheitsabkommen für die Zeit nach 2015 ab.
Hintergrund ist die Eröffnung eines Büros der radikal-islamischen Taliban in Katar und die US-Pläne für direkte Gespräche mit den Aufständischen.

Ohne das Abkommen, das den ausländischen Truppen Rechtssicherheit verschaffen soll, ist ein weiteres Engagement der Nato-Staaten undenkbar. "Diese Bereitschaft, Afghanistan auch nach dem Jahr 2014 nicht im Stich zu lassen, ist nicht bedingungslos", betonte de Maizière in Herat. Spätestens Ende des Jahres muss Klarheit bestehen, ob die Bedingungen für eine weitere deutsche Truppenpräsenz erfüllt werden. Nur so kann die entscheidende Phase des Abzugs bis Ende 2014 glatt über die Bühne gebracht werden.

De Maizière würde sich gerne auch dann noch als Verteidigungsminister um Afghanistan kümmern. Ob es dazu kommen kann, entscheidet das Ergebnis der Bundestagswahl am 22. September.

(dpa/csr/das/felt)
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