Wahlkampf in Großbritannien David Cameron - immer für eine Blamage zu haben

London · Seit rund einer Woche ist in Großbritannien Wahlkampf. Für Premier David Cameron läuft das Projekt Wiederwahl nicht besonders gut an. Erst zog er den Spott der Briten beim Verzehr eines Hot Dog auf sich, nun lacht das Königreich über ein Foto aus dem Klassenzimmer.

 David Cameron bevorzugt auch beim Hot Dog manierliche Tischsitten.

David Cameron bevorzugt auch beim Hot Dog manierliche Tischsitten.

Foto: afp, BF/JR

Mittwoch, 8. April. Ortstermin an der Sacred Heart RC Primary School in Westhoughton nahe Bolton. Der konservative Premierminister David Cameron besucht eine Schulklasse. Er sitzt an einem Tisch neben der sechsjährigen Lucy Howarth und dem fünfjährigen Will Spibey und will mit ihnen ein Buch betrachten.

Die Geschichte des Wahlkampfes ist reich an Beispielen dafür, wie stark einzelne Bilder einer Kampagne zu Erfolg oder Misserfolg verhelfen. Altkanzler Schröder als Mann der Tat in den überfluteten Gebieten an der Oder. Der souverän dozierende Barack Obama mit einem zeternden Mitt Romney im Hintergrund. Nicht von ungefähr legt Kanzlerin Angela Merkel größten Wert darauf, die Situationen zu kontrollieren, in denen Bilder von ihr gemacht werden.

Wie im Tiefschlaf

Es scheint so, als könnte der britische Premierminister David Cameron in dieser Sache noch dazulernen. So amüsieren sich die Briten seit Tagen königlich über eine Aufnahme aus dem Klassenzimmer: Darauf ist die sechsjährige Lucy zu sehen, ihren Kopf hat sie auf die Tischplatte gelegt. Es wirkt so, als sei sie eingeschlafen.

Das Dumme aus Sicht der Wahlkämpfer: Neben ihr sitzt der Regierungschef der Briten und redet auf sie ein. Die unfreiwillige Botschaft: Cameron langweilt seine Untertanen bis in den Tiefschlaf. "Ein Mädchen fasst perfekt zusammen, wie wir uns fühlen, wenn die Tories diese Wahl gewinnen", lästerte "The Mirror". Auch die sozialen Netzwerke schossen sich auf das Bild ein. Auf Twitter wurde Cameron Ziel von Spott und Lästereien.

Dabei hat der Tory-Politiker schon ohnehin mit einem Image als Langeweiler und abgehobener Snob zu kämpfen, auch weil die oppositionelle Labour-Partei den regierenden Konservativen vorwirft, Politik nur für Reiche und Mächtige zu machen. Viele Briten empfinden schon allein seine Sprache als elitär, da Cameron ein Oxford-Englisch spricht, das der "Upper Class" zugeordnet wird. Nah beim Volk zu sein, das hat Cameron trotz aller Mühen nie erreicht. Sein Lebenslauf sei "scheußlich privilegiert", gibt er unumwunden zu.

Hinzu kommt in diesen Tagen aber offenbar noch ein sicheres Gespür für Fettnäpfchen. Zuletzt etwa Anfang der Woche, als er bei einem Wahlkampftermin im Süden vor den Kameras der Presse einen Hot Dog mit Messer und Gabel verspeiste. "Was für eine Person isst einen Hot Dog mit Messer und Gabel?", fragte sich nicht nur David Jack von der renommierten konservativen Zeitung "The Times".

Zuvor tat er sich keinen Gefallen damit, auf verwandtschaftliche Beziehungen zu Soap-Star Kim Kardashian hinzuweisen. Auch seine Weigerung, nicht in einem direkten TV-Duell gegen seinen Herausforderer anzutreten, fiel ihm auf die Füße. Schließlich hatte er doch mit genau dieser Forderung seinen Amtsvorgänger Gordon Brown vor sich hergetrieben. Jetzt musste er sich gegen den Vorwurf verteidigen, er würde kneifen.

Dass Cameron in den Umfragen trotz der ganzen Pannen immer noch Kopf an Kopf mit Herausforderer Ed Miliband liegt, hat er der Tatsache zu verdanken, dass auch der Labour-Kandidat Mühen mit seinem Image hat. Er gilt ebenfalls als tollpatschig, unlängst dokumentiert durch unvorteilhafte Aufnahmen von seinem Versuch, ein Schinken-Sandwich zu essen.

Gewählt wird am 7. Mai.

(pst)
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