Tonlage zwischen USA und Russland verschärft sich "Das ist nicht wie 1968"

Washington/Moskau (RPO). Am Freitag will US-Außenministerin Condoleezza Rice die georgische Hauptstadt Tiflis besuchen. Im Vorfeld hat sich die Tonlage zwischen den USA und Russland im Kaukasus-Konflikt weiter verschärft. "Das ist nicht wie 1968 bei der Invasion der Tschechoslowakei, als Russland seine Nachbarn bedrohen, eine Hauptstadt besetzen, eine Regierung stürzen konnte und damit davonkam", so Rice.

 Condoleezza Rice.

Condoleezza Rice.

Foto: AP, AP

Rice warnte die russische Regierung am Mittwoch vor Großmachtambitionen im Stil der ehemaligen Sowjetunion, nachdem Präsident George W. Bush zuvor bereits die Solidarität der USA mit Georgien bekundet hatte.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow stellte Washington dagegen vor die Wahl zwischen der Unterstützung Georgiens und einer Partnerschaft mit Russland. Frankreich bereitet offenbar eine neue UN-Resolution auf der Basis des von der EU vermittelten Friedensplans vor.

Russlands müsse sich für sein Vorgehen in Georgien "auf internationale Verurteilung einstellen", sagte Rice in Washington. "Das ist nicht wie 1968 bei der Invasion der Tschechoslowakei, als Russland seine Nachbarn bedrohen, eine Hauptstadt besetzen, eine Regierung stürzen konnte und damit davonkam", fügte sie mit Blick auf die gewaltsame Beendigung des Prager Frühlings hinzu. "Die Dinge haben sich geändert." Die US-Außenministerin wollte am Donnerstag in Frankreich mit Staatschef Nicolas Sarkozy über die Lage in Georgien beraten und anschließend nach Tiflis weiterreisen.

Bush warnte die Regierung in Moskau in seiner ersten ausführlichen Stellungnahme zum Kaukasus-Konflikt vor schwerwiegenden Folgen. Er erwarte, "dass alle russischen Truppen, die in den vergangenen Tagen nach Georgien marschiert sind, das Land wieder verlassen".

Das Weiße Haus bemühte sich anschließend, die Wogen etwas zu glätten. Präsidentensprecherin Dana Perino sagte, dass die Beziehungen zwischen Russland und den USA nicht "gegnerisch" seien. Sie könnten am besten als "komplex und kompliziert" beschrieben werden. Als Reaktion auf das militärische Vorgehen Russlands gegen Georgien hat Washington bereits ein gemeinsames Manöver der US-Marine mit russischen Verbänden abgesagt und ein Sondertreffen der NATO-Außenminister kommende Woche einberufen.

Lawrow sagte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch, die georgische Führung sei "ein spezielles Projekt" der USA. Eines Tages müsse sich Washington aber zwischen einem "virtuellen Projekts" und einer "realen Partnerschaft" entscheiden. Der russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin sagte im russischen Nachrichtensender NTV angesichts der aktuellen Krise einen Wandel der Beziehungen zwischen Russland und der NATO voraus.

Der belgische UN-Botschafter Jan Grauls teilte in New York mit, dass die französische Delegation mit anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats Gespräche über einen neuen Resolutionsentwurf zur Kaukasus-Krise führe. Frankreich strebt demnach eine abgeänderte Fassung eines am Montag vorgestellten Entwurfs an, die den von der EU vermittelten Friedensplan berücksichtigen soll.

Russland und Georgien hatten in der Nacht zum Mittwoch grundsätzlich einem Sechs-Punkte-Plan zugestimmt, für den Sarkozy als amtierender EU-Ratspräsident in beiden Ländern geworben hatte. Das Dokument sieht nach französischen Angaben neben einer Waffenruhe vor, dass die georgischen Truppen sich in ihre üblichen Quartiere zurückziehen und die russische Armee hinter die Grenzen "vor Ausbruch der Feindseligkeiten".

Georgien hatte in der Nacht zum vergangenen Freitag einen Militäreinsatz gestartet, um die Kontrolle über seine abtrünnige Provinz Südossetien zurückzugewinnen. Moskau reagierte mit einer Gegenoffensive, die russische Armee drang dabei auch in georgisches Kernland vor. Nach russischen Angaben starben bei den Kämpfen 2000 Zivilisten. Durch den Konflikt wurden nach UN-Angaben rund 100.000 Menschen in die Flucht getrieben.

Ungeachtet des EU-Friedensplans waren russische Truppen am Mittwoch erneut auf georgisches Gebiet vorgerückt. Nach georgischen Angaben wollten sich die russischen Truppen am Donnerstag aus der umkämpften Stadt Gori zurückziehen.

(afp)
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