G7-Gipfel Wie ein Foto zum Schlüsselmotiv wird

La Malbaie · Angela Merkel beugt sich nach vorne und bearbeitet gemeinsam mit anderen Gipfel-Partnern den störrischen Donald Trump: So wird das zentrale und jetzt schon legendäre Foto vom Treffen der großen Industrienationen in Kanada gedeutet. Doch es gibt auch ganz andere Sichtweisen.

Das G7-Foto: Wie ein Bild zum Schlüsselmotiv wird
Foto: dpa/Jesco Denzel

Es gibt Fotos, die zu Symbolbildern für politische Veranstaltungen werden und mächtiger wirken können als jede inhaltliche Abmachung. Das Bild vom G7-Gipfel im bayerischen Elmau aus dem Jahr 2015 war so eines. Da steht Kanzlerin Angela Merkel in hellrotem Blazer mit ausgebreiteten Armen vor dem lässig auf einer Holzbank sitzenden US-Präsidenten Barack Obama. Es wirkt, als würde sie dem Amerikaner die Welt erklären.

Mittlerweile hat der US-Präsident gewechselt. Er heißt nun Donald Trump und ist für Merkel und die anderen Staats- und Regierungschef der G7-Gruppe großer Industrienationen ein extrem unberechenbarer Partner. Auch mit ihm gibt es jetzt ein Foto, das zum Symbolbild des G7-Gipfels in Kanada geworden ist.

Wie der Streit um das Papier, so kann das Bild als Beleg der Spaltung gesehen werden. Trump gegen Merkel und den Rest der G7. Rechts auf dem Foto der US-Präsident, mit verschränkten Armen sitzt er auf einem Stuhl. Neben ihm steht der nationale Sicherheitsberater John Bolton. Auf der linken Seite des Bildes und in der Mitte sind Vertreter der anderen sechs G7-Staaten zu sehen, in der Mitte Merkel, die sich nach vorne beugt und mit beiden Händen auf einer Tischplatte aufstützt.

Das wichtigtse Foto des Gipfels

Es wirkt, als würden sich Merkel und Trump anschauen. Entschlossen, vielleicht ein wenig verschlossen der US-Präsident, aber nicht feindselig. Auch die anderen stehen, unter anderem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, die Britin Theresa May und Japans Regierungschef Shinzo Abe, auch dieser mit verschränkten Armen.

Es ist wohl die entscheidende Szene des Treffens. Menschen, die dabei waren, sagen, es sei bei dem spontanen Gespräch um den Handelstext im Abschluss-Kommuniqué gegangen. Trump habe sich gerade von seinen Mitarbeitern Details erklären lassen. Vier eckige Klammern, die in solchen Texten bis zuletzt strittige Punkte markieren, soll die Passage zu dieser Zeit noch enthalten haben.

Regierungssprecher Steffen Seibert schreibt auf Twitter nüchtern zu dem Foto: „Beratungen am Rande der offiziellen Tagesordnung“. Auf Nachfragen ergänzt er dann den Namen des Fotografen: Jesco Denzel. Offizielle Fotografen der Bundesregierung wie er sind bei nahezu jeder Merkel-Reise dabei, sie arbeiten für das Bundespresseamt und nehmen bei ihren Aufnahmen natürlich die Kanzlerin ins Zentrum.

Im Netz wird das Foto schnell zum wohl wichtigsten des ganzen Gipfels. Bis Sonntagnachmittag haben rund 3300 Menschen das Bild auf Twitter weiterverbreitet. Knapp 8000 haben „like“ geklickt und mehr als 800 Nutzer haben es kommentiert. Der Tweet mit dem Foto gehört zu jenen von Seibert, die bislang am häufigsten retweetet und kommentiert wurden.

Meist wurde das Bild so interpretiert, als ob Merkel und ihre Kollegen auf Trump wie auf ein bockiges Kind einreden würden. Aber es sind auch Fotos aus anderer Perspektive entstanden, die einen ganz anderen Eindruck vermitteln. Auch diese Bilder werden sofort auf Twitter verbreitet. Jede Seite versucht, die Bilder in ihrem Sinne zu deuten. Es gibt sogar ein Foto, auf dem Trumps Berater Bolton lacht - das tut er sonst nur selten.

Ein Mitarbeiter des US-Präsidenten twittert ein Bild der Szene, auf dem Trump in der Mitte sitzt. Es wirkt, als sei er umringt von Politikern, die ihm wie gebannt zuhören. Trump als Zentrum, der alle antanzen lässt, und der wie ein König als einziger sitzt: So will die amerikanische Seite dieses Treffen interpretiert sehen.

(felt/dpa)
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