Initiative bei Weltklimakonferenz COP26 100 Staaten wollen Waldzerstörung bis 2030 stoppen

Berlin/Glasgow · Jede Minute wird Wald zerstört, so groß wie 27 Fußballfelder. Das schadet dem Klimaschutz, weil Bäume CO2 aufnehmen. Eine globale Allianz von Staaten will nun der Entwaldung einen Riegel vorschieben. Doch Umweltschützer haben ihre Zweifel.

Die Initiative soll weltweit Wälder retten (Symbolbild).

Die Initiative soll weltweit Wälder retten (Symbolbild).

Foto: dpa/Boris Roessler

Mehr als 100 Staaten haben auf der Weltklimakonferenz in Glasgow einen Pakt geschlossen, um spätestens bis 2030 die Zerstörung von Wäldern und anderen wertvollen Ökosystemen zu stoppen. Die beteiligten Länder verfügen über 85 Prozent der weltweiten Waldfläche, also etwa 34 Millionen Quadratkilometer, wie die britische COP26-Präsidentschaft bekanntgab.

An den Pakt zum Schutz der Wälder angeschlossen haben sich Deutschland und die gesamte EU, aber vor allem auch die Staaten mit den größten Wäldern überhaupt - also Kanada, Russland, Brasilien, Kolumbien, Indonesien sowie China, Norwegen und die Demokratische Republik Kongo. Für das Vorhaben sollen bis 2025 etwa 12 Milliarden US-Dollar (rund 10,3 Milliarden Euro) an öffentlichen Geldern mobilisiert werden. Hinzu kommen 7,2 Milliarden US-Dollar an privaten Investitionen.

Den Wäldern kommt eine enorme Bedeutung beim Klimaschutz zu. Insbesondere die Tropenwälder stellen einen gigantischen Kohlenstoffspeicher dar: Sie binden aufgrund ihrer gewaltigen Biomasse 50 Mal mehr Kohlenstoff als andere Wälder. Werden sie gerodet, setzen sie diese Mengen in Form von Kohlendioxid (CO2) wieder frei.

Die Zerstörung der Wälder hat bedrohliche Ausmaße angenommen.  Der Mensch hat bereits die Hälfte aller Wälder weltweit vernichtet, auch wenn das Tempo der Zerstörung in den vergangenen Jahren leicht abgenommen hat. Allein die Zerstörung der Tropenwälder ist nach Angaben der Organisation Global Forest Watch daher für etwa acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.

Einer der häufigsten Treiber der Entwaldung ist demnach die Ausweitung von kommerzieller Landwirtschaft. In vielen Fällen müssen Wälder auch dem Bergbau oder der anderweitigen Gewinnung von Rohstoffen weichen. Eine dritte Ursache der Entwaldung ist der Bau von Infrastruktur wie Straßen oder Wasserkraftwerken sowie die Expansion von Städten. Auch Brände tragen in zunehmendem Maße zur Vernichtung der Wälder bei.

Experten kommentierten die Pläne teilweise mit Skepsis. Greenpeace kritisierte, dass die Glasgower Initiative praktisch grünes Licht gebe für ein weiteres Jahrzehnt der Entwaldung. Eine ähnliche Erklärung aus dem Jahr 2014 habe sich als vollkommen wirkungslos erwiesen, sagte etwa der Klima- und Waldexperte Simon Lewis vom University College London der BBC. Silvia Holten von World Vision sprach von einer „halb garen Mogelpackung“. Auch der World Wildlife Fund (WWF) zeigte sich skeptisch. „Die Ankündigung der Staats- und Regierungschefs zeigt in die richtige Richtung, droht jedoch zu verpuffen, wenn sie nicht zügig mit verbindlichen Abkommen abgesichert wird“, sagte Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland. „Gelingt das nicht, droht die Initiative zu scheitern wie schon andere vor ihr. Die Weltgemeinschaft muss sofort handeln und die globale Waldzerstörung so bald wie möglich aufhalten“, sagte sie.

Die EU trägt laut WWF eine große Verantwortung für die Abholzung. 16 Prozent der globalen Tropenabholzung im Zusammenhang mit dem internationalen Handel gehen einer WWF-Studie zufolge auf das Konto der EU. Sie liegt damit auf Platz zwei der „Weltrangliste der Waldzerstörer“, hinter China (24 Prozent) und vor Indien (9 Prozent) und den USA (7 Prozent). Innerhalb der EU importierte Deutschland zwischen 2005 und 2017 mit Abstand am meisten Entwaldung, durchschnittlich wurden jährlich 43.700 Hektar Wald für deutsche Importe vernichtet.

(jd/dpa/afp)
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