Hintergrund Condoleezza Rice im Porträt: "Magnolie aus Stahl"

Washington (rpo). Mit Condoleezza Rice soll eine enge Vertraute von US-Präsident George W. Bush den Top-Job im Außenministerium bekommen. Schon seit Jahren gehört die hochintelligente Afroamerikanerin zum innersten Zirkel um den Präsidenten - so eng ist ihr Verhältnis, dass "Condi" praktisch schon als Teil der Bush-Familie gilt.

Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice wird Außenministerin
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Foto: AP

Anders als der bisherige Außenminister Colin Powell, von dem sich der Präsident oft abweichende Meinungen anhören musste, liegt Rice mit Bush voll auf einer Linie - mit dem Wechsel soll das Außenministerium also enger an das Weiße Haus angebunden werden.

Wenn der Senat die Nominierung erwartungsgemäß bestätigt, wird mit Rice nach Madeleine Albright erst zum zweiten Mal eine Frau an der Spitze des State Department stehen. Sie startet allerdings nicht nur mit Vorschusslorbeeren in das schwierige Amt - die bisherige Nationale Sicherheitsberaterin ist in Washington umstritten. Kritiker der Außenpolitik der Bush-Regierung lasten ihr an, der von Vizepräsident Dick Cheney und Pentagonchef Donald Rumsfeld angeführten Fraktion der "Falken" zuviel Einfluss gewährt und damit zur Marginalisierung Powells beigetragen zu haben.

Im Außenministerium, wo Powell enorme Popularität genießt, hat Rice deshalb nicht unbedingt mit einem herzlichen Empfang zu rechnen. Doch die ledige 50-Jährige, in Washington die "Kriegsprinzessin" und "Magnolie aus Stahl" genannt, hat es mit der ihr eigenen Mischung aus Charme und Härte im Laufe ihrer steilen Karriere stets geschafft, große Widerstände zu überwinden.

Arbeitstier von Anfang an

Die Wurzeln ihrer Zähigkeit lassen sich bis in ihre Kindheit im Südstaat Alabama zurückverfolgen, wo sie zu Zeiten der schlimmsten Rassendiskriminierung als Pädagogen-Tochter in einer schwarzen Mittelschichtfamilie aufwuchs. Von ihren Eltern bekam "Condi" von früh an eingeimpft, dass sie zwei oder drei Mal so gebildet sein müsse wie die Weißen, um in deren Welt zu bestehen.

So nahm Rice Klavier- und Ballettunterricht und lernte Flöte, Geige und Französisch. Als Schülerin durfte sie in Birmingham zwar nicht mit den Weißen am selben Tresen sitzen. Ihrem Ehrgeiz tat das aber keinen Abbruch: "Meine Eltern und Lehrer überzeugten mich, dass ich eines Tages trotzdem Präsidentin der USA werden könne", sagte sie einmal in einem AFP-Interview. Zunächst träumte Rice jedoch von einer Karriere als Konzertpianistin. An der Universität in Denver erkannte sie schließlich, dass sie dafür nicht gut genug war. Sie wechselte zur Politologie und spezialisierte sich auf die Sowjetunion.

Überfliegerin Rice - Professorin mit 27

Mit gerade einmal 27 Jahren bekam Rice eine Professur an der berühmten Stanford University in Kalifornien. 1986 wechselte sie für ein Jahr als Beraterin für strategische Atomwaffen in das Pentagon, 1989 wurde sie vom damaligen Präsidenten George Bush senior in den Sicherheitsrat berufen. In dieser Funktion war Rice maßgeblich an den Verhandlungen über den Zwei-Plus-Vier-Vertrag beteiligt, der die deutsche Einheit ermöglichte. Über Bush senior lernte die Professorin damals auch dessen Sohn kennen.

Widersprüchliche Persönlichkeit

Sein Verhältnis zu Rice hat der Präsident einmal dem Starreporter Bob Woodward genauer beschrieben. Mit "Condi" könne er "völlig ohne Skript und Probe" diskutieren, sagte Bush. Und er schätzt ihre Fürsorge: "Sie ist eine sehr gründliche Person, die mich ständig begluckt." Wie ein mütterlicher Typ wirkt Rice allerdings nicht gerade - wie sie überhaupt schwer in ein Schema passt. Sie ist eine unkonventionelle Erscheinung, in der sich die Kontraste vereinen: eine machtbewusste Politikerin, die ihre Macht ungern zur Schau stellt; eine Einzelgängerin, die loyal im Regierungsteam agiert; eine Frau, die elegante Kleidung liebt, aber insgesamt einen eher asketischen Lebensstil pflegt.

Ebenso wenig lässt sich Rice eindeutig dem Lager der "Moderaten" oder "Falken" zuordnen. Viele Experten in den USA sehen ihre Nominierung aber dennoch als Indiz, dass Bush an seinem harten Kurs festhalten will, der Diplomatie und Multilaterismus wenig Spielraum gibt. Bush signalisiere damit, "dass er mit der Richtung der vergangenen vier Jahre zufrieden ist und wenig Bedarf an einem dramatischen Kurswechsel sieht", folgerte am Dienstag die "Washington Post".

(afp)
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