Krieg gegen den Terror CIA-Gerüchte setzen Obama unter Druck

Washington (RPO). Die CIA, der Krieg gegen den Terror und die Rolle Dick Cheneys, des notorisch misstrauischen Vizepräsidenten – mit Macht schiebt sich ein Kapitel in den Vordergrund, das Barack Obama lieber zu den Akten legen würde. Von Tag zu Tag wächst der Druck aufs Weiße Haus. Immer lauter werden Stimmen, die fordern, Cheney vor einen Untersuchungsausschuss zu zitieren.

 Hat Dick Cheney einen Klimabericht geschönt?

Hat Dick Cheney einen Klimabericht geschönt?

Foto: AP, AP

Washington (RPO). Die CIA, der Krieg gegen den Terror und die Rolle Dick Cheneys, des notorisch misstrauischen Vizepräsidenten — mit Macht schiebt sich ein Kapitel in den Vordergrund, das Barack Obama lieber zu den Akten legen würde. Von Tag zu Tag wächst der Druck aufs Weiße Haus. Immer lauter werden Stimmen, die fordern, Cheney vor einen Untersuchungsausschuss zu zitieren.

Der Stellvertreter George W. Bushs verschwieg dem Parlament einen Plan, von dem er sich durchgreifende Erfolge im Kampf gegen Terroristen versprach. Worum es genau ging, blieb noch vage, als am Sonntag erste Berichte die Runde machten. Am Montag glaubte das Wall Street Journal, das Rätsel gelöst zu haben.

Demnach wies Bush die CIA 2001 an, Mitglieder des Netzwerks Al Qaida nicht nur gefangen zu nehmen, sondern auch gezielt zu töten. Hollywood muss Pate gestanden haben. "Viele Leute dachten damals, sie seien Jason Bourne", zitiert die Los Angeles Times einen ausgeschiedenen CIA-Mitarbeiter. Ähnlich wie der tollkühne Leinwand-Agent hätten sie "ziemlich wilde" Ideen ausgebrütet.

Das Programm soll allerdings nie voll umgesetzt worden sein. Leon Panetta, der neue Geheimdienstchef, soll am 23. Juni von seiner Existenz erfahren und es sofort gestoppt haben. Was die Wellen so noch schlagen lässt, ist nicht zuletzt die Selbstherrlichkeit, mit der Cheney den Kongress behandelte, als wäre der nur ein lästiges Anhängsel.

"Ein Unding"

Statt handverlesene Abgeordnete einzuweihen, wie es den Regeln entsprochen hätte, ließ er das Parlament absichtlich im Nebel stochern. "Ein Unding, das Gesetz ist sehr klar", protestiert die Kalifornierin Dianne Feinstein, die den Geheimdienstausschuss des Senats leitet. Nach Feinsteins Worten unterließen es die Schlapphüte nur deshalb, die Legislative zu unterrichten, weil sie einer Direktive Cheneys gehorchen mussten.

"Man hat uns im Dunkeln tappen lassen. Das darf niemals, niemals wieder geschehen." Prominente Demokraten wollen der Sache auf den Grund gehen, notfalls mit juristischen Mitteln. Von illegalen Praktiken ist die Rede. Was Patrick Leahy, den Justizexperten der Obama-Partei, am meisten empört, ist die Arroganz der grauen Eminenz Cheney. "Sie können doch keinem sagen, ach ja, das ist der Vizepräsident, der braucht sich nicht an Paragrafen zu halten."

Praktisch ist damit der Versuch gescheitert, das belastende Erbe der Bush-Ära unter den Teppich zu kehren. Noch vor drei Monaten gab Obama die Devise aus, nach vorne zu schauen, nicht nach hinten. Der neue Präsident zeigte keinerlei Lust, dem alten nachträglich am Zeug zu flicken.

Obamas Prioritäten neu geordnet

Auf seiner Prioritätenliste stehen Konjunkturpakete, Afghanistan-Krieg und Gesundheitsreform an vorderster Stelle, nicht die Erblasten seines Vorgängers. Jetzt wird Obama buchstäblich überrollt von einer Lawine an Enthüllungen, die ihn zum Reagieren zwingt.

Da ist zum einen das Gerücht von einem Massengrab im Norden Afghanistans. Bis zu zweitausend Taliban sollen dort verscharrt worden sein, im November 2001 regelrecht hingerichtet von der mit Amerika verbündeten Nordallianz. Hartnäckig hält sich der Verdacht, wonach Bushs Riege alle Versuche, das Grab zu untersuchen, massiv behinderte.

Obama hat angeordnet, die Fakten zusammenzutragen. Wenn sein Land gegen internationale Normen verstoßen habe, wolle er das wissen, sagte er dem TV-Sender CNN. Zum anderen wartet man mit Spannung darauf, wie Eric Holder, der Justizminister, die Weichen stellt.

Nach dem vorläufigen Fahrplan will er bis Ende August entscheiden, ob er einen Sondererstaatsanwalt einsetzt, um gegen die CIA ermitteln zu lassen. Es geht um den Vorwurf, dass Terrorverdächtige in geheimen Gefängnissen gefoltert wurden. Dass es zu einer Untersuchung kommt, gilt fast als sicher. Die Frage ist, ob es sich Holder angesichts des zunehmenden Drucks noch leisten kann, bis nach der Sommerpause zu warten.

(RP)
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