Obama trennt sich von Verteidigungsminister Chuck Hagel redete sich um Kopf und Kragen
Washington · Als Präsident Barack Obama am Montag Chuck Hagel öffentlich verabschiedet, findet er nur lobende Worte. Sogar eine eine innige Umarmung gibt es für den geschassten Minister. Die Inszenierung überdeckt nur notdürftig die Spannungen der vergangenen Wochen. Hagel hat seinen Präsidenten gleich mehrfach aussehen lassen wie einen Versager.
Die Abschieds-Inszenierung am Montag wirkte Irgendwie bizarr. Großartig sei Chuck Hagel im Amt gewesen, eine echte Stütze, ein großer Freund, lobhudelte Obama. Umarmung, Blitzlicht. Fragen sind alleridngs nicht gestattet. Dabei drängt sich in diesem Moment so sehr die Frage auf, warum Hagel denn gehen musste, wenn alles so perfekt war?
Ein Rücktritt mitten im Krieg, im Krieg gegen die Terrormilizen Islamischer Staat (IS), mitten im Truppenabzug aus Afghanistan - es muss schon allerhand vorgefallen sein, dass Obama und Hagel sich just in dieser Situation trennen.
Hagel war nicht Macher genug
Eine entscheidende Rolle gespielt haben dürfte aber wohl das hilflose Bild, das Hagel zuletzt in der Öffentlichkeit abgegeben hatte. Wer aber in Amerika den Eindruck erweckt, er könne nichts bewegen, hat schon verloren. Ein Blick auf die vergangenen Monate zeigt: Hagel hat gleich mehrfach den Zauderer gegeben. Obama, der selbst als chronisch unentschlossen gilt, konnte aber so eine Belastung angesichts größer werdender Handlungszwänge nicht länger ertragen.
Nicht erst seit den verlorenen Kongresswahlen steht der US-Präsident unter massivem Druck. Seit über drei Monate fliegen US-Jets fast täglich in Syrien und im Irak Angriffe auf die Terrormiliz. Zwar meinte Hagel neulich, es gebe erste Erfolge - doch zwischen den Zeilen musste er zugeben, dass die Dynamik der IS noch längst nicht gebrochen ist.
"Es wird Rückschläge geben", meinte Hagel noch vor ein paar Wochen öffentlich. Der Kampf werde lange dauern - nach einem zuversichtlichen, zupackenden Kriegsherrn sah das nicht gerade aus. Amerika liebt lieber die Typen, die Zuversicht wecken und die Dinge beim Schopfe packen.
Für Obama steht alles auf dem Spiel
Obama weiß, dass in Syrien und im Irak für ihn alles auf dem Spiel steht: Es geht um sein Erbe, seinen Platz in den Geschichtsbüchern. Obama war mit dem Versprechen angetreten, die beiden Kriege im Irak und Afghanistan zu beenden. Lange Zeit sah es so aus, als werde ihm das gelingen.
Doch die IS haben ihn auf dem falschen Fuß erwischt, offenbar hatte Obama sich die Lage lange schön geredet, die Gefahr nicht sehen wollen. Und es war Hagel, der bereits vor geraumer Zeit intern auf die Gefahr hinwies. Öffentlich nannte er im Sommer die IS vor laufenden Kameras eine "unmittelbar Gefahr für alle unsere Interessen". Obama hatte noch kurz zuvor noch geringschätzig von einer "Junior Collegemannschaft" gesprochen.
Mit Hagel einen Krieg gewinnen?
Doch will Obama wie gewünscht als Friedensbringer in die Geschichte eingehen, muss er jetzt die Terrormilizen zumindest entscheidend zurückdrängen, schwächen - wenn nicht vernichten.
Doch ob Hagel gerade dafür der rechte Mann ist, ist fraglich. Das Problem: Obama hat nicht mehr viel Zeit. Spätestens im kommenden Sommer beginnt der Präsidentschaftswahlkampf für 2016. Will Obama, der vermeintliche "Friedensbringer" dann als Kriegsherr dastehen?
Hagel klang zu oft hilflos
Hinzu kommt ein weiterer Streit in Sachen Syrienstrategie: Immer heftiger wird im Weißen Haus darüber diskutiert, ob der Kampf nur gegen die IS geführt werden soll - oder auch gegen das Assad-Regime. Der Bürgerkrieg ist Obamas zweite offene Wunde.
Auch hier war Hagel bisher nicht besonders hilfreich. "Wir können unsere Ziele in Syrien nicht mit einem Mal erreichen," meinte er jüngst. Das klang eher hilflos.
Hagels Ernennung Anfang 2013 schien wie ein genialer Coup des Präsidenten. Ein Republikaner, ein Vietnamveteran, der zum Irak-Kriegsgegner wurde. Ein Mann, geradezu ideal, um den endgültigen Truppenabzug aus dem Irak und aus Afghanistan zu erreichen.
Doch dann musste Hagel zum Kriegsherrn mutieren, der die in Washington lange totgeschwiegene Terrormiliz besiegen sollte - das konnte nicht gutgehen. Angeblich, so berichten Washington-Insider, haben sich beide einvernehmlich geeinigt, sich zu trennen.