Kurz vor Verleihung des Nobelpreises an Xiabo China verleiht eigenen Friedenspreis

Peking (RPO). Einen Tag vor der Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo will China am Donnerstag einen eigenen Friedenspreis verleihen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AP in Peking. Damit sollten die Friedensansichten des chinesischen Volkes dargelegt werden, hieß es in einer Erklärung des Preiskomitees an die AP.

Demonstranten in China fordern Freiheit für Liu Xiaobo
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Der chinesische Außenamtssprecher Jiang You warf dem Nobelpreiskomitee unterdessen vor, es orchestriere "eine Anti-China-Farce". "Wir werden uns nicht wegen der Einmischung von ein paar Clowns ändern und nicht von unserem Weg abkommen", sagte er.

Die chinesische Regierung hatte sofort nach der Bekanntgabe der Friedensnobelpreisentscheidung Anfang Oktober empört reagiert. Der 54-jährige, inhaftierte Liu wurde als Verbrecher bezeichnet und die Wahl zum Versuch des Westens erklärt, Chinas Aufstieg zu stoppen. Zudem wurde eine Kampagne gestartet, andere Länder zum Boykott der Friedensnobelpreis-Zeremonie am Freitag zu bewegen. 18 wollen dem Aufruf folgen, darunter Russland, Pakistan, Venezuela, Kuba, Saudi-Arabien und der Iran. Weder Liu noch seine Frau, die unter Hausarrest gestellt wurde, werden an der Zeremonie in Oslo teilnehmen können.

Die Idee für einen eigenen chinesischen Friedenspreis wurde erstmals am 17. November in einer Boulevardzeitung der Kommunistischen Partei ventiliert. Drei Wochen später schickte nun ein Komitee für den "Konfuzius-Friedenspreis" der AP die Entscheidung über den ersten Preisträger: der frühere taiwanische Vizepräsident Lien Chan soll für seinen Einsatz ausgezeichnet werden, "eine Brücke zwischen dem Festland und Taiwan" zu bauen. Eine in Liens Büro telefonisch erreichte Mitarbeiterin wollte sich dazu nicht äußern, weil sie nichts über diesen Preis wisse.

Der Vorsitzende des Komitees, Tan Changliu, sagte der AP, sein Gremium sei keine amtliche Einrichtung, arbeite aber eng mit dem Kulturministerium zusammen. Er räumte ein, dass der mit 100.000 Yuan (11.300 Euro) dotierte Preis noch keine große internationale Anerkennung genieße. "Das muss allmählich wachsen", sagte Tan. "Wir hoffen, dass die Leute glauben werden, dass der Preis globale Bedeutung hat."

Auch Hitler schuf eigenen Friedenspreis

China ist nicht das erste Land, dass als Reaktion auf eine Friedensnobelpreisentscheidung eine eigene Auszeichnung schafft. Nachdem Carl von Ossietzky 1936 rückwirkend der Friedensnobelpreis für 1935 zuerkannt wurde, verfügte Adolf Hitler, dass kein Deutscher mehr einen Nobelpreis annehmen dürfe. Ossietzky durfte den Preis zwar noch annehmen, aber nicht zur Verleihung nach Oslo reisen. 1937 stiftete Hitler den Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft als höchste Friedensauszeichnung des nationalsozialistischen Deutschlands.

Ein China-Experte der Universität Oxford, Steve Tsang, sagte, China werde mit seinem hastig arrangierten Friedenspreis international keine große Anerkennung finden. "Das ganze ist offensichtlich durchgepeitscht worden, um dem Nobelpreis für Liu Xiaobo etwas entgegenzusetzen", sagte er. "Die Leute werden das nehmen wie es ist. Und deshalb wird das nicht sehr glaubwürdig sein." China bestätige vielmehr mit seiner harten Reaktion beim Rest der Welt den Eindruck, "dass die Menschenrechte in China wirklich in Schwierigkeiten sind."

(apd/nbe)
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