Nach Massenprotesten Chiles Präsident Piñera kündigt Rücktritt aller Minister an

Santiago · Nach dem millionenfachen Protest gegen die Sozialpolitik der Regierung hat der chilenische Präsident Sebastián Piñera alle Minister zum Rücktritt aufgefordert. Dieser Schritt sei den neuen Herausforderungen und der „Verantwortung für die Zukunft“ geschuldet.

 Ein Demonstrant mit einer Guy-Fawkes-Maske und der chilenischen Fahne protestiert in der Hauptstadt Santiago gegen die Politik der Regierung.

Ein Demonstrant mit einer Guy-Fawkes-Maske und der chilenischen Fahne protestiert in der Hauptstadt Santiago gegen die Politik der Regierung.

Foto: AFP/CLAUDIO REYES

Das sagte der konservative Staatschef am Samstagabend in einer TV-Ansprache. Außerdem wurde die vor einer Woche verhängte nächtliche Ausgangssperre aufgehoben. Piñera versprach, umgehend ein Gesetzespaket für höhere Renten, eine Anhebung des Mindestlohnes und Erleichterungen für Strom- und Wasserpreise in den Kongress einzubringen. Die Chilenen rief er auf, zur „Normalität“ zurückzukehren.

Am Freitag haben in der Hauptstadt Santiago mehr als eine Million Menschen friedlich für Sozialreformen demonstriert und den Rücktritt Piñeras verlangt. Auch in vielen anderen Städten gingen die Menschen auf die Straße. Es waren die größten Demonstrationen seit Ende der Diktaturzeit 1990.

Seit mehr als einer Woche wird Chile von einer Protestwelle erfasst. Es kam zu schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Bei den Protesten kamen nach Regierungsangaben bislang 19 Menschen ums Leben. In der Mehrzahl handele es sich um Brandopfer, die in angezündeten Supermärkten und einem Textillager umkamen, erklärte die Regierung. Sie reagierte mit Härte auf die Proteste: Allein in der Santiago sind etwa 20.000 Soldaten im Einsatz und an 130 „kritischen Orten“ postiert, wie das Innenministerium mitteilte.

Ursprünglich hatten sich die Proteste an einer Erhöhung der Fahrpreise für die Metro in Santiago entzündet, die aber inzwischen zurückgenommen wurde. Der Unmut der Bevölkerung wegen der ständig steigenden Lebenshaltungskosten schwelt schon lange. Bei den Protesten fordern sie eine Erhöhung des Mindestlohnes und der Rente sowie Entlastungen bei Arzneimitteln. Die von Piñera angekündigten Reformen halten sie für nicht ausreichend.

(felt/epd)
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