„Putin ist ein Kriegsverbrecher“ Carla del Ponte fordert internationalen Haftbefehl gegen Putin

Genf · Die frühere Chefanklägerin der UN-Kriegsverbrechertribunale für das ehemalige Jugoslawien und für den Völkermord in Ruanda hat vom Internationalen Strafgerichtshof die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gefordert.

 Carla del Ponte (Archivbild).

Carla del Ponte (Archivbild).

Foto: AFP/PIERRE ANDRIEU

„Putin ist ein Kriegsverbrecher“, sagte Carla Del Ponte der schweizerischen Zeitung „Le Temps“ in einem am Samstag veröffentlichten Interview. Del Ponte, die Ermittlungen der Vereinten Nationen zu Kriegsverbrechen in Ruanda und dem früheren Jugoslawien geleitet hatte, sagte in Interviews mit schweizerischen Medien anlässlich der Veröffentlichung ihres jüngsten Buches, es würden in der Ukraine eindeutige Kriegsverbrechen verübt.

Sie sagte, sie sei besonders schockiert über die Nutzung von Massengräbern im russischen Krieg gegen die Ukraine. Sie habe gehofft, nie wieder ein Massengrab zu sehen, sagte sie der Zeitung „Blick“. „Diese Toten haben Angehörige, die nicht wissen, was aus ihnen geworden ist. Das ist inakzeptabel“, sagte sie.

Mit Blick auf Kriegsverbrechen in der Ukraine verwies sie zudem auf Attacken auf Zivilisten, die Zerstörung von Privatgebäuden und ganzen Städten. „Das sind alles Kriegsverbrechen, denn es wurde ganz offensichtlich nicht auf militärische Objekte gezielt.“

Del Ponte sagte, die Untersuchung zur Ukraine werde leichter sein als die zum früheren Jugoslawien, weil die Ukraine selbst eine Untersuchung durch den Strafgerichtshof erbeten habe. Der ICC-Chefankläger Karim Khan hatte die Ukraine im März besucht.

Wenn der ICC Beweise für Kriegsverbrechen finde, sagte sie, müsse man „die Befehlskette hinauf ermitteln – bis zu den Verantwortlichen, die die entsprechenden Entscheide getroffen haben.“ Es sei möglich, selbst Putin zur Verantwortung zu ziehen.

„Man darf einfach nicht nachlassen und muss immer weiter ermitteln. Als die Untersuchung gegen (Slobodan) Milosevic begann, war er noch serbischer Präsident. Wer hätte damals gedacht, dass er jemals vor Gericht kommt? Niemand!“, sagte sie „Blick“. Sie fügte mit Blick auf Berichte über angebliche Folter russischer Kriegsgefangener durch ukrainische Streitkräfte hinzu, es solle zu möglichen Kriegsverbrechen beider Seiten ermittelt werden.

(felt/dpa)
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