Kongresswahlen Bush droht Niederlage

Washington (RP). Bei den Kongress-Wahlen nächste Woche wird die Partei des US-Präsidenten aller Voraussicht nach ihre Mehrheit in beiden Häusern verlieren. Zu allem Überfluss sind die Republikaner heillos zerstritten.

Der New Yorker Kongressabgeordnete Tom Reynolds rechnet sich gute Chancen aus, nach der Wahl am 7. November in die republikanische Fraktionsspitze aufzusteigen. Als Wahlkampf-Chef seiner Partei kämpft er die Schlacht seines politischen Lebens. "Ein neuer Skandal in Washington, und Tom Reynolds findet sich mittendrin", raunt eine Stimme in einem Werbespot seines Herausforderers Jack Davis, der den Sex-Skandal um den ehemaligen Republikaner-Führer Tom Foley gnadenlos ausschlachtet. Pech für Reynolds, dass er den Parteifreund aus Florida dazu überredet hatte, ein siebtes Mal zu kandidieren.

In eigenen Werbespots gibt sich der Republikaner nun reumütig, versichert mit Dackelblick, er habe erst im Frühjahr von den Problemen seines Kollegen erfahren und schiebt die Verantwortung auf andere. Reynolds ist kein Einzelfall. Zerstritten wie lange nicht rechnet die Grand Old Party (GOP) mit dem Verlust von bis zu 30 Sitzen im Repräsentantenhaus und acht im Senat. Sie würde damit in beiden Häusern die Mehrheit verlieren.

Kongresswahlen finden alle zwei Jahre statt. Dabei werden jeweils das gesamte Repräsentantenhaus (435 Sitze) sowie ein Drittel der Senatoren neu gewählt.

Landauf, landab müssen sich die republikanischen Kandidaten fragen lassen, was aus den Idealen Ronald Reagans geworden ist, die sie einst nach Washington trugen. Ein klares Programm, das auf drei Säulen basiert: So wenig Staat wie möglich, nationale Sicherheit und persönliche Verantwortung.

Statt Haushaltsdisziplin einzufordern, verteidigen die Republikaner heute Rekorddefizite. Sie bauten nicht Staat ab, sondern schufen Super-Behörden für die Medikamentenversicherung oder das Heimatschutzministerium.

Der Sündenfall bei der nationalen Sicherheit heißt Irak. Zwei Drittel aller Befragten halten den Krieg in letzten Umfragen für einen Fehler. Eine deutliche Mehrheit von 54 Prozent glaubt, bewusst getäuscht worden zu sein. Eine Einstellung, die Nahrung durch das neue Buch des Watergate-Reporters Bob Woodward erhält. Darin wirft dieser Präsident Bush und seiner Partei unverhohlen vor, die Amerikaner belogen zu haben.

Während die Republikaner in der Theorie versprechen, mehr Sicherheit zu liefern, sehen die Wähler in der Realität die Gefahren wachsen. Der Atomtest Nordkoreas steht wie ein Ausrufezeichen hinter der Bush-Doktrin.

Der Skandal um Foley, der jungen Praktikanten nachgestellt haben soll, zerstört nun die dritte und letzte Säule: die Betonung moralischer Werte. "Ich bin entsetzt über den Zynismus auf dem Capitol Hill", meint Patricia Myers aus Silver Spring, Maryland, die heute mehr moralische Gemeinsamkeiten mit den oppositionellen Demokraten findet als bei der GOP, die sie jahrelang gewählt hat. "Dass sie für ihren Machterhalt Kinderschänder in ihren Reihen decken, finde ich empörend", regt sich die Mutter auf. Eine Haltung, die laut Umfragen von zwei Dritteln der Amerikaner geteilt wird.

"Diese Republikaner sind nicht jene Republikaner", stimmt der konservative Stratege Frank Luntz in den Abgesang auf die republikanische Revolution ein. "Die Republikanische Partei von 2006 ist eine müde, schrullige Hülle einer aggressiven Reformbewegung, die 1994 auf einer Welle positiver Veränderungen ins Amt getragen wurde." Die fehlende Bereitschaft, Verantwortung für Dinge zu übernehmen, die schief gelaufen seien, "ist völlig schockierend."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort