Bei Besuch in Ramallah Bush als "Kriegsverbrecher" beschimpft

Ramallah (RPO). Trotz der noch immer ungelösten Streitpunkte zwischen Israelis und Palästinensern fordert US-Präsident George W. Bush noch vor 2009 einen fertigen Friedensvertrag. "Mit der nötigen Hilfe" werde es noch innerhalb seiner Amtszeit zur Gründung eines Palästinenserstaates kommen, sagte Bush auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah.

US-Präsident Bush in Israel eingetroffen
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Für den Frieden müssten beide Seiten "schwere Entscheidungen" fällen. Abbas sagte an die Adresse der USA: "Wir zählen auf Ihre Unterstützung und Ihren Einsatz, um das Leiden der Palästinenser zu beenden."

Bush wurde von Abbas in der Mukata, dem Hauptquartier der palästinensischen Autonomiebehörde, mit einem Ehrenspalier empfangen. Er betonte, der künftige Palästinenserstaat müsse über ein zusammenhängendes Territorium verfügen. "Ein Schweizer Käse funktioniert nicht", sagte er. Abbas sagte, die bilateralen Verhandlungen mit Israel seien im Gange. Die Palästinenser hofften, dass sie bis zum Ablauf von Bushs Mandat im Januar 2009 in ein Ende der Besatzung und die Schaffung eines Palästinenserstaates mündeten.

Bushs Besuch fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Es war die erste Reise des Präsidenten ins besetzte Westjordanland und die zweite eines US-Staatschefs in die Palästinensergebiete. In Ramallah waren 4000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Eine Protestveranstaltung mit rund 200 Demonstranten, die "Bush raus" und "Bush ist ein Kriegsverbrecher" riefen, wurde unter dem Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken aufgelöst.

Die Frustrationen der Palästinenser, die mit den israelischen Kontrollpunkten und Straßensperren leben müssten, könne er verstehen, sagte Bush, der auf dem Weg von Jerusalem nach Ramallah selbst an dem von Israel errichteten Sperrzaun entlangfuhr und den Hauptgrenzübergang passierte. Sein Konvoi fuhr allerdings zügig hindurch, während Palästinenser oft stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Bush rief die Israelis auf, die Modernisierung der palästinensischen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Diese verbesserten sich, sagte der US-Präsident, und Israel dürfe diesen Prozess nicht behindern. Für die Hamas fand er kritische Worte: Die radikalislamische Organisation habe nichts als "Elend" über den Gazastreifen gebracht.

Am Mittwoch hatte Bush bereits mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und mit Israels Staatschef Schimon Peres über den Fortgang des Friedensprozesses beraten. Israelis und Palästinenser hatten Ende November in Annapolis bei Washington erklärt, sie wollten bis Ende dieses Jahres ein Friedensabkommen schließen. Die Verhandlungen werden jedoch durch diverse Streitpunkte behindert, die unter anderem die Siedlungen in den besetzten Gebieten, den künftige Status von Jerusalem, die Grenzziehung und die Flüchtlingsfrage betreffen.

Von Ramallah aus flog Bush nach Bethlehem weiter, wo er in der Geburtskirche beten wollte. Von Freitag an schließt sich eine Reise durch die Golfstaaten Kuwait, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien an. Letzte Station der Bush-Reise ist am 16. Januar Ägypten.

(afp)
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