Neuwahlen nötig Parlament in Rumänien stürzt Regierung per Misstrauensvotum

Bukarest · Politisches Beben in Rumänien: Das Parlament hat die Regierung per Misstrauensvotum gestürzt. 261 von 465 Abgeordneten stimmten in Bukarest gegen die erst seit rund drei Monaten im Amt befindliche Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Ludovic Orban.

 Der rumänische Ministerpräsident Ludovic Orban (Archivbild).

Der rumänische Ministerpräsident Ludovic Orban (Archivbild).

Foto: AP/Vadim Ghirda

Für den Misstrauensantrag der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der Ungarn-Partei UDMR stimmten am Mittwoch 261 Abgeordnete und Senatoren und 139 dagegen. Dies könnte zu vorgezogenen Parlamentswahlen führen - allerdings nur, wenn zwei weitere Personalvorschläge für einen anderen Regierungschef im Parlament scheitern. Die nächste reguläre Parlamentswahl wäre in diesem Herbst fällig.

Die Opposition hatte mit ihrem Misstrauensantrag auf eine Vertrauensfrage Orbans reagiert. Der Regierungschef hatte die Vertrauensfrage an eine Änderung des Wahlrechts bei Kommunalwahlen geknüpft, die PSD und UDMR als für sie ungünstig betrachteten. Mit dem Misstrauensvotum wurde auch diese Wahlrechtsänderung abgelehnt.

Die nun gekippte Neuregelung hätte vorgesehen, dass Rathauschefs mit absoluter Mehrheit gewählt werden müssen statt wie derzeit nur mit relativer Mehrheit, also nicht zwingend mit mindestens 50 Prozent der Stimmen. Das hätte Großparteien wie die PSD benachteiligt, die vor allem in ihrer jetzigen Oppositionsrolle zur Stärkung auf ihre amtierenden Kommunalpolitiker angewiesen ist.

Viele Beobachter meinen, die Regierung habe dieses Misstrauensvotum auf Druck des Staatspräsidenten Klaus Iohannis absichtlich provoziert, weil sie an vorgezogenen Wahlen interessiert sei. Grund sind die wackligen Mehrheitsverhältnisse im Parlament und die aktuell günstigen Umfragewerte von Orbans Partei PNL.

Zudem wolle Orban eine zum 1. September geplante 40-prozentige Rentenerhöhung, die das Staatsbudget zu destabilisieren droht, ohne Wahlkampfdruck stoppen. Die Rentenerhöhung hatte die PSD-Vorgängerregierung im vorigen Jahr beschlossen. Orban regiert seit Anfang November 2019, nach einem Sturz der PSD-Regierung per Misstrauensvotum.

Derweil hat der rumänische Präsident Klaus Iohannis seine Freude über die Auszeichnung mit dem diesjährigen Karlspreis zum Ausdruck gebracht. Er empfing nach Angaben der Stadt Aachen am Mittwoch in Bukarest Aachens Bürgermeister Marcel Philipp und den Vorsitzenden des Karlspreis-Direktoriums Jürgen Linden. „Ich werde diesen bedeutsamen Preis im Namen Rumäniens mit großer Freude annehmen. Er würdigt all unsere Bemühungen, unser Bekenntnis und unsere Solidarität zur Europäischen Union“, sagte Iohannis nach Angaben der Stadt Aachen.

Er widme den Internationalen Karlspreis der rumänischen Gesellschaft, die bei den letzten Europawahlen eindrucksvoll ihre Unterstützung für das europäische Projekt unterstrichen habe. „Die rumänische Bevölkerung steht zu den europäischen Werten und zu unserem Miteinander.“

Iohannis wird demnach schon am Vortag der Verleihung in Aachen sein und Studierende der RWTH treffen sowie die Preisträger des Jugendkarlspreises. Nach der Preisverleihung am Himmelfahrtstag (21. Mai) will er das Bürgerfest besuchen.

Klaus Iohannis wird als herausragender Streiter für die europäischen Werte ausgezeichnet. Er habe Rumänien zu proeuropäischer Politik und Rechtsstaatlichkeit geführt, heißt es in der Begründung.

(felt/AFP)
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