Budgetstreit US-Kongress wendet Regierungsstillstand vorerst ab

Washington · Wenige Stunden vor einer drohenden Lähmung der US-Regierung hat sich der Kongress auf einen Übergangshaushalt geeinigt. Doch im Budgetstreit hat sich der Kongress allenfalls eine Atempause verschafft. Denn die Finanzierungslücke ist nur bis zum 11. Dezember geschlossen.

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Foto: afp, SAUL LOEB

Zunächst sprach sich mit klarer Mehrheit der Senat und dann das Repräsentantenhaus für ein Gesetz aus, das bis zum 11. Dezember die Finanzierung der Bundesbehörden sichert. Nun müsste Präsident Barack Obama die Vorlage unterschreiben. Sein Sprecher Josh Earnest drang auf eine umfassendere und langfristigere Lösung im Haushaltsstreit.

Eigentlich sind Notlösungen bei Budgetdebatten im Kongress Routine, doch in diesem Jahr taten sich tiefe Gräben zwischen pragmatischen Republikanern wie dem scheidenden Parlamentsvorsitzenden John Boehner und wenig kompromissbereiten Abgeordneten im rechtskonservativen Tea-Party-Flügel der Partei auf.

Letztere verlangten, dass das Haushaltsgesetz mit der Streichung der Bundesgelder für die Familienplanungsorganisation Planned Parenthood verknüpft werden müsse. Hintergrund ist die Praxis der Gruppe, Gewebe von abgetriebene Föten für Forschungszwecke bereitzustellen.

Mithilfe der Demokraten brachten der von den Republikanern dominierte Kongress den umstrittenen Übergangshaushalt trotzdem durch. Der Senat billigte die Notlösung am Dienstag (Ortszeit) mit 78 zu 20 Stimmen, am Abend folgte das Repräsentantenhaus mit 277 zu 151 Stimmen. Eine ab Mitternacht drohende Stilllegung der Bundesbehörden wurde damit abgewendet.

Nun hat der Kongress gut zehn Wochen Zeit für Verhandlungen über ein Haushaltsgesetz, das über die Präsidentschaftswahl 2016 hinausreicht. Doch rechnen Beobachter mit zähen Debatten, deren Erfolg alles andere als garantiert ist.

Ein ähnlicher Haushaltsstreit, der sich an Obamas Gesundheitsgesetz entzündete, hatte vor zwei Jahren zu einem 16 Tage langen Stillstand der Behörden geführt. Einen erneuten "Shutdown" wollten Boehner, der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell und weitere ranghohe Republikaner im Wahljahr vermeiden. McConnell sorgte sich insbesondere um die Erfolgsaussichten von Amtskollegen in Staaten wie Wisconsin und Pennsylvania, die eher den Demokraten zuneigen.

Einige ultrakonservative Republikaner versuchten den Budgetstreit hingegen zu nutzen, um bei rechtslastigen Kernwählern zu punkten. "Heute gab es einen Sieg für das Washington-Kartell, und einen weiteren Rückschlag für das amerikanische Volk", erklärte etwa der Präsidentschaftsbewerber und Senator Ted Cruz. "Die republikanische Führung zog es vor, ihre verfassungsgemäße Macht über den Geldbeutel aufzugeben und zu 100 Prozent die gescheiterte Agenda von Präsident Obama zu finanzieren."

Andere Parlamentarier beklagten hingegen das chronische Hin und Her im Kapitol. "Zu meiner großen Bestürzung muss ich feststellen, dass wir wieder an diesem Punkt angelangt sind und ein Behelfspflaster brauchen, um unsere Pflicht zu erfüllen", sagte der Republikaner Hal Rogers, Vorsitzender des Komitees für Mittelzuweisungen.

Auch das Weiße Haus zeigte sich unzufrieden. "Das amerikanische Volk hat Besseres verdient als ein kurzfristiges Gesetz in letzter Minute", sagte Regierungssprecher Earnest.

(ap)
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