Wirtschaftsminister in China Brüderle umgarnt das Reich der Mitte

(RP). Doha, Klimaschutz, Mittelstand - als erstes Regierungsmitglied reiste Wirtschaftsminister Rainer Brüderle zu einem Kurztrip nach China. Die hemdsärmelige Art des Marktliberalen fand im sozialistischen China durchaus Anklang.

Rainer Brüderle (63) ist der Pointenproduzent, der hauptamtliche Spaßmacher der Bundesregierung. Dass nun ausgerechnet der leutselige Pfälzer den Antrittsbesuch der schwarz-gelben Bundesregierung im kommunistischen, auf Etikette penibel achtenden China absolvieren sollte, mag ein terminlicher Zufall sein.

Eine Bewährungsprobe für den zuletzt heftig kritisierten 63-Jährigen war es allemal. Der FDP-Minister machte gleich deutlich, dass Diplomatie für ihn Definitionssache ist. Am Pekinger Flughafen gab Brüderle dem verdutzten chinesischen Protokollchef einen Klapser auf die Schulter, kurze Zeit später rief der Ex-Weinbauminister die mitreisende Weinhändlerin Regina Menger-Krug bei einer Werkebesichtigung mit den Worten zu sich: "Regina, komm her. Hübsche Unternehmerinnen stehen immer vorne." Die Chinesen ließen sich nichts anmerken.

Brüderle, in Deutschland nach einem bizarren Pressekonferenz-Auftritt mit dem an den Rollstuhl gefesselten Kabinettskollegen Wolfgang Schäuble ("Der darf sitzen") in der Kritik, wurde empfangen wie ein Kaiser. Im prächtigen Gästehaus der Staatsregierung parlierte der marktliberale Brüderle mit dem sozialistischen Handelsminister über Zollhemmnisse und Währungsreserven. Heute will Vize-Ministerpräsident Wang Qishan, der zweitmächtigste Mann im Reich der Mitte, den FDP-Politiker aus Mainz kennenlernen, eine seltene Ehre, die Vorgänger Glos und Guttenberg nicht zuteil wurde. Letzterer schaffte es erst gar nicht nach China.

Doch Brüderle, der Mann des Mittelstands, weiß um die Absatzchancen für die deutschen Unternehmen im Reich der Mitte. Geschickt umgarnte er im Vorfeld die nach Bedeutung gierenden Chinesen. "An China führt kein Weg vorbei. Deshalb führt mein erster Weg nach China", so Brüderle. Inhaltlich konnte sich der gelrnte Volkswirt behaupten. So forderte Brüderle diplomatisch, aber bestimmt bei den Parteifunktionären die "Verantwortung" Chinas beim Klimaschutz ein. Hinter den Kulissen mahnte der FDP-Vize als Verfechter des Freihandels den Abbau von Handelshemmnissen an. Und das für die deutsche Exportindustrie so wichtige Thema "Währungsunterbewertung", die Chinesen verteuern so künstlich Importe, sprach Brüderle offen an. Die Gesprächsteilnehmer gelobten immerhin sanfte Besserungen.

Der mitreisende Jürgen Hambrecht, Chef des Industriekonzerns BASF und als Leiter des Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft der Kopf der Wirtschaftsdelegation, lobte Brüderle. "Er wird maßlos unterschätzt", so Hambrecht. "Brüderle ist kompetent und zuverlässig. Ich weiß nicht, warum er in Deutschland so kritisiert wird." Immerhin sei es der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminiser Brüderle 1988 gewesen, der die erste deutsch-chinesische Wirtschaftspartnerschaft auflegte. Künftig, so heißt es nun im Umfeld des FDP-Ministers, wolle Brüderle regelmäßig nach China reisen. In Fernost wird er offenbar besser verstanden als in der Heimat.

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