Antisemitismus-Vorwürfe Britische Labour-Partei schließt Ex-Chef Corbyn aus

London · Gegen die britische Labour-Partei gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Antisemitismusvorwürfe, im Fokus stand dabei die Ägide von Ex-Parteichef Jeremy Corbyn. Nun hat eine Kommission die Vorwürfe in einem Report untermauert.

 Jeremy Corbyn, der ehemalige Vorsitzende der Labour Partei.

Jeremy Corbyn, der ehemalige Vorsitzende der Labour Partei.

Foto: dpa/Aaron Chown

Die britische Labour-Partei hat laut einem Gutachten ein Antisemitismusproblem. Parteimitglieder seien in „illegale Akte“ der Schikane und Diskriminierung gegen die jüdische Gemeinde verwickelt, hieß es in einem Bericht der Kommission für Gleichheit und Menschenrechte (EHRC) von Mittwoch. Darin wurden der Labour-Spitze „erhebliche Versäumnisse“ und „Führungsmängel“ im Umgang mit Vorwürfen des Antisemitismus unter Anhängern attestiert.

Die Anschuldigungen fallen insbesondere in die Ägide des Linken Jeremy Corbyn, der die Oppositionspartei von 2015 bis 2019 führte. Dem langjährigen Unterstützer der Palästinenser und Kritiker Israels wurde vorgeworfen, dass sich Antisemitismus in seiner Ära bei Labour verfestigt habe.

In dem 130 Seiten umfassenden Report der Kommission ist von zwei Fällen die Rede, in denen Parteifunktionäre „illegale Schikane“ verübt hätten. Es gebe viele weitere Berichte über ähnliches Verhalten von gewöhnlichen Labour-Mitgliedern, doch könne die Partei dafür nicht juristisch belangt werden, da die mutmaßlichen Schuldigen keine offiziellen Ämter innegehabt hätten.

Gleichwohl gebe es Belege politischer Einmischung in die Handhabung der Beschwerden - und diese Intervention sei illegal. „Einige Klagen wurden ungerechtfertigterweise gar nicht untersucht.“ In der Partei habe eine Kultur vorgeherrscht, in der „im günstigsten Fall nicht genug getan wurde, um Antisemitismus zu verhindern; und im schlimmsten Fall wurde er akzeptiert.“

Die Kommission hat nicht die Befugnis zu strafrechtlichen Schritten gegen Labour, sprach jedoch Empfehlungen für Veränderungen aus, zu deren Umsetzung die Partei gesetzlich verpflichtet ist.

Corbyn trat im Dezember 2019 als Labour-Chef zurück, nachdem die Partei bei der Parlamentswahl das schlechteste Ergebnis seit 1935 einfuhr. Im April folgte ihm Keir Starmer nach. Er zeigte sich zerknirscht über den Untersuchungsbericht und sprach von einem „Tag der Scham“ für die Partei. Es werde keine weiteren Leugnungen oder Entschuldigungen geben. „Wenn Sie antisemitisch sind, sollten Sie nicht einmal in der Nähe dieser Partei sein“, erklärte er. „Und wir werden sicherstellen, dass Sie es nicht sind.“ Schon im Vorfeld hatte Starmer angekündigt, die Beziehungen der Partei zur jüdischen Gemeinde kitten zu wollen.

Corbyn drückte in einer Reaktion auf den Untersuchungsbericht sein Bedauern aus, dass es „länger dauerte, Wandel einzuleiten, als es sollte.“ Allerdings sei „das Ausmaß des Problems auch aus politischen Gründen von unseren Gegnern innerhalb und außerhalb der Partei übertrieben“ worden, erklärte er.

(june/ap)
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