Britische Premierministerin als „Dancing Queen“ May demonstriert Gelassenheit auf Parteitag

Birmingham · Die britische Premierministerin Theresa May hat ihre Partei für die "schwierigste Phase" der Brexit-Verhandlungen mit Brüssel zur Geschlossenheit aufgerufen. Sie selbst gab sich gelassen und entspannt. Sogar eine Tanzeinlage stand auf dem Programm.

"Wenn wir zusammenhalten und die Nerven behalten, können wir ein zufriedenstellendes Abkommen für Großbritannien erreichen", sagte May am Mittwoch in ihrer Rede beim Parteitag der Tories in Birmingham. In einer der längsten Reden ihrer politischen Laufbahn versuchte die von allen Seiten unter Druck stehende Regierungschefin, Optimismus und Entschlossenheit auszustrahlen. "Die Verhandlungen gehen nun in ihre schwierigste Phase", sagte May. Großbritannien scheidet im März 2019 aus der EU aus, doch die Gespräche über die Austrittsvereinbarung zwischen London und Brüssel treten auf der Stelle. Dennoch betonte May: "Ich glaube felsenfest daran, dass unsere besten Tage vor uns liegen und dass unsere Zukunft voller Versprechen ist."

Erneut verteidigte May ihre innerparteilich heftig umstrittene Brexit-Strategie. Diese allein sichere Arbeitsplätze und Handel und vermeide Grenzkontrollen zwischen der von London regierten Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. "Selbst wenn wir nicht alle mit jedem Teil dieses Vorschlags einverstanden sind, müssen wir zusammenkommen", sagte sie.

Gelassenheit versuchte May auch kurz vor ihrem Auftritt auf dem Weg zum Rednerpodest zu signalisieren: Zu den Klängen von Abbas "Dancing Queen" legte die Premierministerin einen kleinen Tanz aufs Parkett.

Allerdings bereitet May auch einen Plan B vor, um die Grenze zu Irland auch dann offen zu halten, wenn die Verhandlungen mit Brüssel vorerst scheitern. London könnte in diesem Fall zeitweilige Kontrollen von Importen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs zulassen, um im Gegenzug Handelsschranken an der irischen Grenze zu verhindern.

Der harte Brexit-Flügel der Konservativen um Ex-Außenminister Boris Johnson wirft May dagegen zu weitreichende Zugeständnisse an die EU vor. Johnson und weitere europaskeptische Tory-Abgeordnete hielten am Rande des Parteitags eine Reihe von Treffen ab, bei denen sie gegen Mays Strategie mobil machten.

Am Dienstag hatte Johnson den Kurs der Regierungschefin bei seinem Parteitagsauftritt als "gefährlich und unbeständig" kritisiert. Mays Plan bedeute eine "politische Demütigung", sagte er. "Das ist keine Demokratie. Dies ist nicht das, wofür wir gestimmt haben. Das ist eine Schande."

Johnsons Rede wurde von Beobachtern als eine Art Bewerbungsrede für den Posten des Premierministers gewertet. May bezeichnete den Auftritt kurz darauf als "Show".

Allerdings kündigte die Premierministerin an, mit der Bevorzugung von Arbeitnehmern aus der EU sei nach dem Brexit Schluss. Entscheidend sei künftig die Qualifikation, nicht die Herkunft der Einwanderer. Bislang profitieren EU-Bürger von der Personenfreizügigkeit, wenn sie in Großbritannien arbeiten wollen. Doch nicht nur die parteiinternen Widersacher, auch EU-Vertreter hatten zuletzt den Druck auf May deutlich erhöht und ihr bei den Brexit-Verhandlungen "Rosinen-Pickerei" vorgeworfen. In einigen Ländern laufen Vorbereitungen auf einen Brexit ohne Austrittsabkommen.

(mro/AFP)
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