Brexit-Drama Parlament könnte bereits Mittwoch kommender Woche aufgelöst werden

London · Eine breite Mehrheit von 438 Abgeordneten unterstützt die Vorlage von Premier Johnson, die Wahl am 12. Dezember durchzuführen. Der Antrag der Opposition für einen Wahltermin am 9. Dezember fiel durch.

 Eine Frau, die sich gegen den Austritt Großbritanniens aus der EU einsetzt, steht am 29. Oktober vor dem Parlament in London. Sie hat eine englische Flagge und einen Kürbis dabei, in den das Wort "STOP BREXIT" geschnitzt ist.

Eine Frau, die sich gegen den Austritt Großbritanniens aus der EU einsetzt, steht am 29. Oktober vor dem Parlament in London. Sie hat eine englische Flagge und einen Kürbis dabei, in den das Wort "STOP BREXIT" geschnitzt ist.

Foto: dpa/Rick Findler

Das britische Parlament hat mit großer Mehrheit für die von Premierminister Boris Johnson geforderten vorgezogenen Neuwahlen am 12. Dezember gestimmt. 438 Abgeordnete unterstützten am Dienstagabend den vierten Anlauf des Regierungschefs für Neuwahlen, 20 stimmten dagegen. Johnson hofft nach Neuwahlen auf eine klare Mehrheit, um das von ihm mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen durch das Parlament zu bekommen.

Das vom Unterhaus beschlossene Gesetz über die Neuwahlen wird nun an das Oberhaus des britischen Parlaments weitergeleitet. Dort soll es bereits am Mittwoch zur Diskussion gestellt werden, die Zustimmung gilt jedoch als sicher. Damit könnte das Parlament bereits Mittwoch kommender Woche aufgelöst werden, erklärte der Minister für Parlamentsangelegenheiten, Jacob Rees-Mogg.

Nur Stunden nachdem die EU-Staaten die Verschiebung des Brexits bis Ende Januar endgültig beschlossen hatten, stimmten die britischen Abgeordneten für die dritte Wahl innerhalb von vier Jahren. Der Wahlausgang könnte enorme Auswirkungen auf den weiteren Brexit-Prozess haben. Die Labour-Partei setzt sich für ein neues Referendum über den EU-Austritt ein, während zwei kleinere Oppositionsparteien den Brexit komplett rückgängig machen wollen.

Johnsons konservative Tories liegen in den Umfragen derzeit deutlich vor der oppositionellen Labour-Partei. Dass Johnson sein Versprechen, Großbritannien am 31. Oktober aus der EU zu führen, nicht halten konnte, könnte die Tories jedoch Stimmen kosten.

Johnson war noch am Montagabend mit einem Vorstoß für Neuwahlen gescheitert. Bei der Unterhaus-Abstimmung verfehlte er die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit von 434 Stimmen. Nur 299 Abgeordnete stimmten für seinen Antrag, 70 stimmten dagegen. Die Labour-Abgeordneten enthielten sich.

Am Dienstag startete er mithilfe eines anderen Verfahrens einen neuen Neuwahl-Versuch. Dazu brachte der Regierungschef eine Gesetzesvorlage ein, für die er nur eine einfache Mehrheit benötigte. Wahlen seien "der einzige Weg, um dieses Land voranzubringen", sagte er vor den Abgeordneten.

Der Premier bemühte sich zudem darum, seine konservative Partei im Parlament wieder zu einen. Er nahm zehn von 21 ausgeschlossenen Tory-Abgeordneten wieder in die Fraktion auf. Die Parlamentarier waren wegen ihres Widerstands gegen Johnsons Brexit-Plan vergangenen Monat ausgeschlossen worden.

Weil Johnson im Parlament keine eigene Mehrheit hat, war er aber trotzdem auf die Unterstützung von Oppositionsabgeordneten angewiesen. Zwei kleinere Oppositionsparteien, die Schottische Nationalpartei (SNP) und die Liberaldemokraten, hatten bereits signalisiert, das Neuwahl-Gesetz zu unterstützen.

Danach gab auch die oppositionelle Labour-Partei ihren Widerstand gegen die Pläne des Premierministers auf. Parteichef Jeremy Corbyn sagte, mit dem erneuten Brexit-Aufschub bis Ende Januar sei die "Bedingung" der größten britischen Oppositionspartei erfüllt.

Die Oppositionsparteien forderten jedoch einen früheren Wahltermin als die Regierung. SNP und Liberaldemokraten hatten den 9. Dezember vorgeschlagen, auch Labour bevorzugte diesen Termin. Ein entsprechender Änderungsantrag wurde allerdings mit 315 zu 295 Stimmen abgelehnt.

Im Anschluss kündigte Labour-Chef Corbyn den "ehrgeizigsten und radikalsten Wahlkampf für echten Wandel" an, "den unser Land jemals gesehen hat". Die Wahl sei "eine einmalige Chance, unser Land zu verändern", sagte er.

Ursprünglich war der britische EU-Austritt für den 31. Oktober, also Donnerstag, vorgesehen. Weil es Johnson nicht gelungen war, das mit Brüssel ausgehandelte Austrittsabkommen durchs Parlament zu bringen, musste er auf Druck der Abgeordneten die Verlängerung beantragen. Es ist bereits die dritte seit Ende März.

(sbl/AFP)
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