Protest aus Regierungspartei Überwältigende Mehrheit für Sunaks Brexit-Deal mit der EU
London · Das britische Unterhaus stimmt den mit der EU vereinbarten neuen Regeln für den Nordirland-Handel zu. Für Premier Sunak ist es ein besonderer Erfolg: Seine beiden Vorgänger, Boris Johnson und Liz Truss, hatten sich dagegen ausgesprochen.
Das britische Unterhaus hat mit überwältigender Mehrheit den von Premierminister Rishi Sunak mit der EU ausgehandelten neuen Regeln für den Nordirland-Handel zugestimmt. Für den sogenannten Windsor-Rahmen stimmen am Mittwoch 515 Abgeordnete, dagegen 29.
Sunak sah sich allerdings mit einer Rebellion in den eigenen konservativen Reihen konfrontiert. Seine Vorgängerin Liz Truss und deren Vorgänger Boris Johnson hatte beide ihre Ablehnung des Brexit-Deals erklärt, 20 konservative Abgeordnete stimmten mit ihnen dagegen. Doch die Oppositon, insbesondere die Labour-Partei, stimmte für Sunaks Deal und verschaffte ihm damit eine komfortable Mehrheit.
Das Abkommen soll einen heiklen Handelsstreit lösen, der die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU belastet und eine politische Krise in Belfast auslöste.
Johnson, der Großbritannien 2020 aus der EU führte, bezeichnete die Vereinbarung als nicht akzeptabel, weil sie einige EU-Gesetze in Nordirland beibehalte und die Fähigkeit Großbritanniens einschränke, von den Regeln der Europäischen Union abzuweichen. So werde Großbritannien keinen Vorteil aus dem Brexit ziehen, erklärte er. Auch die sogenannte European Research Group, eine Gruppe von Abgeordneten der Konservativen Partei, die sich einen harten Brexit wünschen, sprach sich gegen das Abkommen aus.
Das Abkommen, Windsor-Rahmen genannt, soll Zollkontrollen und andere Hürden für den Warenverkehr aus anderen Teilen Großbritanniens nach Nordirland lockern. Diese Kontrollen waren nach dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU eingeführt worden, damit die Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zum Schutz des Friedens in der Region offen bleibt.
Vor der Abstimmung am Mittwoch sagte Sunak, der Rahmen sei ein guter Deal für die Menschen, Familien und Unternehmen in Nordirland und schütze den Platz der Region im Vereinigten Königreich. Trotz der Opposition aus den Reihen der Konservativen wurde erwartet, dass die britische Regierung die Abstimmung gewinnen wird, weil die oppositionelle Labour-Partei die Änderungen unterstützt.
Die Unionisten in Nordirland lehnten die Zollgrenze entschieden ab, weil sie den Platz Nordirlands in Großbritannien untergrabe. Die Democratic Unionist Party trat vor einem Jahr aus Protest aus der halbautonomen Regierung in Belfast aus, so dass die 1,9 Millionen Einwohner Nordirlands keine funktionierende Verwaltung mehr haben.
Mit dem Windsor-Rahmen werden die meisten Kontrollen abgeschafft. So soll die Belastung der Unternehmen verringert und den Bedenken der Unionisten Rechnung getragen werden. Die nordirischen Politiker bekommen zudem einen Mechanismus an die Hand, die sogenannte Stormont-Bremse, um neue EU-Handelsregeln, die in der Region gelten könnten, anzufechten - eine zentrale Forderung der Unionisten. Die DUP ist jedoch besorgt, dass der Mechanismus nicht weit genug geht und Elemente des EU-Rechts in Nordirland weiterhin gelten. Die Partei kündigte an, ihre acht Abgeordneten wollten am Mittwoch im Unterhaus ebenfalls gegen die Regierung stimmen. Dann sollte es explizit um die Stormont-Bremse gehen.
Großbritannien und die EU wollen den Windsor-Rahmen am Freitag bei einem Treffen zwischen dem britischen Außenminister James Cleverly und dem EU-Unterhändler Maros Sefcovic förmlich annehmen.