Brexit Oberhaus lehnt Johnsons umstrittenes Binnenmarktgesetz ab

London · Herbe Schlappe für den britischen Premierminister im Oberhaus: Mit großer Mehrheit wiesen die Abgeordneten Johnsons Änderungswünsche zum Brexit-Deal zurück.

 Boris Johnson will seine Änderungsvorschläge nun erneut ins Unterhaus einbringen.

Boris Johnson will seine Änderungsvorschläge nun erneut ins Unterhaus einbringen.

Foto: AFP/TOLGA AKMEN

Der britische Premierminister Boris Johnson hat im Ringen um die von ihm angestrebten Änderungen am Brexit-Abkommen einen Rückschlag im Parlament erlitten. Das Oberhaus in London wies am Abend mehrere Schlüsselpassagen in Johnsons Binnenmarktgesetz zurück, durch die Regelungen zu Nordirland im Brexit-Vertrag ausgehebelt werden sollen.

Das House of Lords stimmte mit überwältigender Mehrheit gegen die entscheidenden Klauseln, im ersten Votum mit 433 zu 165 Stimmen. Premierminister Boris Johnson muss nun entscheiden, ob er dem Votum der Lords aus dem Oberhaus folgt oder nicht.

Eine erste Abstimmung über das Gesetz im Oktober war ähnlich klar ausgefallen. Mehrere Abgeordnete argumentierten, das Gesetz würde den Frieden in Nordirland gefährden und dem internationalen Ansehen Großbritanniens in der Welt schaden.

Ein Regierungssprecher kündigte nach dem Votum des Oberhauses jedoch an, dass der Gesetzentwurf inklusive der umstrittenen Nordirland-Regelungen neu in das Unterhaus eingebracht werden solle. In dieser Kammer stützt sich Johnson auf eine solide Mehrheit. Das Unterhaus hatte das Binnenmarktgesetz Ende September trotz aller Warnungen gebilligt. Letztlich kann das Oberhaus, das ungewählte House of Lords, ein Inkrafttreten des Gesetzes nicht verhindern.

Johnson will durch das Gesetz mit der EU vereinbarte Zollregelungen im Warenhandel für die britische Provinz Nordirland und Vorgaben zu Staatsbeihilfen für britische Unternehmen umgehen. Seine Regierung räumte freimütig ein, dass die einseitige Änderung des Brexit-Vertrages internationales Recht bricht.

Die EU-Kommission leitete wegen des Gesetzes Anfang Oktober ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien ein. Dies kann zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof führen, der hohe Geldbußen gegen Großbritannien verhängen könnte. Die Europäische Union hatte im Oktober angekündigt, dennoch weiter mit Johnson über ein Handelsabkommen verhandlen zu wollen.

Großbritannien war Ende Januar aus der EU ausgetreten. Bis zum Jahresende bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Diese Zeit wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen zu vereinbaren. Doch die Gespräche kommen seit Monaten kaum voran, am Montag wurden sie fortgesetzt.

Hauptstreitpunkte sind faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern. Ohne Abkommen bis zum Jahresende droht ein harter Schnitt in den Handelsbeziehungen mit kaum absehbaren wirtschaftlichen Folgen.

(juju/dpa/AFP)
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