Stichwahl Brasilien wählt neuen Präsidenten

Sao Paulo (RPO). Die Wähler in Brasilien haben am Sonntag in einer Stichwahl über ihren künftigen Präsidenten abgestimmt. Als klare Favoritin für die Nachfolge von Luiz Inácio Lula da Silva galt die Politikerin Dilma Rousseff, die in der ersten Wahlrunde am 3. Oktober auf 46,9 Prozent der Stimmen gekommen war.

Die 62-jährige Kandidatin der regierenden Arbeiterpartei (PT) trat an gegen den Bewerber der Sozialdemokraten (PSDB), José Serra. Er hatte im ersten Wahlgang 32,6 Prozent erhalten. 2002 hatte der frühere Bürgermeister und Gouverneur von Sao Paulo die Wahl klar gegen Lula da Silva verloren.

Erste Frau an der Spitze

Rousseff, für die Lula da Silva geworben hatte, wäre die erste Frau an der Spitze des südamerikanischen Staates. Laut Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Datafolha konnte sie mit 50 Prozent der Stimmen rechnen, Serra mit 40 Prozent. Kurz vor Öffnung der Wahllokale erklärte Rousseff bei einem Wahlkampfauftritt in Belo Horizonte, ihr politischer Mentor werde zwar nicht im Kabinett sitzen, sie werde aber weiter eine enge Beziehung zu ihm pflegen und seine Arbeit fortsetzen. "Niemand in diesem Land wird mich von Präsident Lula trennen."

Der 68-jährige Serra gab sich dennoch nicht geschlagen und kritisierte die Nähe Rousseffs zu Lula. "Wer auch immer gewählt wird, muss regieren. Das Outsourcen einer Regierung gibt es nicht", sagte Serra auf einer Wahlkampfveranstaltung, ebenfalls in Belo Horizonte.

Wirtschaftswachstum erreichte Millionen

Lula, der nach zwei Amtszeiten als Präsident nicht mehr kandidieren darf, geht mit Zustimmungsquoten von 80 Prozent. Seit seinem Amtsantritt 2003 bis Ende vorigen Jahres haben sich einer Studie zufolge 20,5 Millionen Brasilianer aus der Armut befreit, und 29 Millionen schafften es in den in den Mittelstand. Dazu kommt, dass Brasilien die globale Krise besser überstanden hat als andere Länder, der Arbeitsmarkt dieses Jahr ein Rekordwachstum verzeichnete und ein Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent erwartet wird.

Der Wirtschaftswissenschaftlerin Rousseff fehlt zwar der Charme und die Volkstümlichkeit Silvas, doch ihr Lebensweg ist mindestens so dramatisch wie der des früheren Gewerkschaftsführers Lula. Sie gehörte zum bewaffneten Widerstand gegen die Militärdiktatur 1964-1985 und wurde dafür inhaftiert und gefoltert. Sie überstand eine Krebserkrankung. Sie gehörte Silvas Regierung als Energieministerin und Stabschefin an und pflegt einen Führungsstil, der ihr den Spitznamen "Eiserne Lady" eingetragen hat.

Am Sonntag waren rund 135 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. In dem südamerikanischen Land herrscht Wahlpflicht für alle Bürger zwischen 18 und 70 Jahren.

(AP)
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