Biden zu Sturm auf Regierungsgebäude in Brasilia „Der Wille des brasilianischen Volkers darf nicht unterminiert werden“

Washington · Hunderte Bolsonaro-Anhänger waren am Sonntag in der brasilianischen Hauptstadt Brasília in Regierungsbeäude eingedrungen und hatten dort schwere Verwüstungen angerichtet. Welche Erinnerungen dieser Vorfall bei US-Politikern weckt und wie diese und Brasiliens Ex-Präsident jetzt darauf reagieren.

Bolsonaro-Anhänger stürmen Kongress in Brasilien
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Bolsonaro-Anhänger stürmen Kongress in Brasilien

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Foto: dpa/Eraldo Peres

Joe Biden fühlte sich an die Ereignisse vom 6. Januar 2021 erinnert, als er die Bilder aus Brasil sah. Dort hatten radikale Anhänger des abgewählten Präsidenten Jair Bolsonaro am Sonntag das Parlament, den Präsidentenpalast und das Oberste Gericht gestürmt. „Ich verurteile den Angriff auf die Demokratie und den friedlichen Machttransfer in Brasilien“, erklärte der US-Präsident, den die Nachricht auf dem Weg zu seinem ersten Staatsbesuch nach Mexiko erreicht hatte.

Biden nannte die Situation „ungeheuerlich“ und sicherte Präsident Lula de Silva und den demokratischen Institutionen Brasiliens „unsere volle Unterstützung“ zu. „Der Wille des brasilianischen Volkers darf nicht unterminiert werden.“ Außenminister Anthony Blinken verlangte das „sofortige Ende“ der „Invasion der demokratischen Institutionen Brasiliens“.

Zu Wort meldete sich auch Ex-Präsident Jair Bolsonaro, der das Geschehen in Brasil aus knapp zehntausend Kilometer Entfernung in Florida verfolgt hatte. Erst als anfänglich überwältigten Sicherheitskräfte die Lage unter Kontrolle hatten, rief der abgewählte Rechtspopulist seine Anhänger auf, auf Gewalt zu verzichten. Mit einem Seitenhieb auf seine politischen Gegner erklärte Bolsonaro, „das Eindringen in öffentliche Gebäude heute wie damals von der Linken 2013 und 2017 bewegt sich außerhalb des Gesetzes.“

So hatte es auch Donald Trump gemacht, der 187 Minuten lang untätig zuschaute, wie seine Anhänger am 6. Januar 2021 den Kongress gestürmt hatten, bevor er die Aufständischen in einem Video aufrief, nach Hause zu gehen. Auch der Rest des Drehbuchs könnte direkt von dem mit sieben Millionen Stimmen abgewählten US-Präsidenten stammen. Wie Trump seine Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen witterte, hatte auch sein Geistesverwandter in Brasilien eine Vorahnung. Und tat dasselbe wie sein Vorbild in den USA.

Bolsonaro behauptete, er könne nur verlieren, wenn es bei den Wahlen nicht mit rechten Dingen zugehe. Als es dann so weit war, erkannte er seine Niederlage nicht an. Er verschanzte sich im Präsidentenpalast und rieb sich die Hände, als seine Anhänger Autobahnen blockierten, in Zelten vor den Kasernen des Militärs campierten und die Generäle aufforderten, zugunsten des abgewählten Rechtspopulisten zu intervenieren.

Wie Trump fehlte er bei der feierlichen Amtsübergabe an den Wahlsieger. Das war vor mehr einer Woche am Sonntag, als da Silva den „Sash“ genannten Stab des Präsidenten nicht in Fortführung einer demokratischen Tradition seit Ende der Militärdiktatur 1985 von seinem Vorgänger erhielt, sondern wegen dessen Abwesenheit von einem Müllmann. Bolsonaro hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit einer tränenreichen Rede verabschiedet. Er flüchtete in das Haus eines befreundeten Kampfsportlers, der ihm unweit von Disney World vor den Toren Orlandos Asyl gewährt. Es hieß, er wolle mindestens einen Monat dort blieben.

Lula beschuldigte Bolsonaro, den Aufstand „von Miami aus veranlasst zu haben“. Dort leben viele rechtsgerichtete Sympathisanten des Ex-Präsidenten mit tiefen Taschen. Mehrere US-Politiker wie der Demokrat Joaquín Castro forderten die Ausweisung Bolsonaros. Die USA sollten „kein Zufluchtsort für diesen autoritären Mann sein, der den Terrorismus in Brasilien inspiriert hat“.

Die Linke Alexandria Ocasio-Cortez hob hervor, „beinahe auf den Tag genau“ zwei Jahre nach dem Sturm auf das US-Kapitol hätte „eine faschistische Bewegung den gleichen Versuch in Brasilien unternommen“. Die USA müssten aufhören, Bolsonaro in Florida Zuflucht zu gewähren.

Auffällig ruhig blieb es bei den Republikanern. Der neue Speaker im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, und Minderheitsführer Mitch McConnell schwiegen ebenso zu dem Aufstand in Brasil wie auch Trump, der sich für die Wiederwahl Bolsonaros eingesetzt hatte.

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