Großbritannien Boris Johnson will die unmögliche Brücke

London · Der britische Premier will Schottland und Nordirland per Seebrücke verbinden. Dazu bräuchte es die höchsten Brücken-Türme der Welt.

 Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.

Foto: dpa/Stefan Rousseau

Boris Johnson hatte schon einige schräge Ideen, aber diese kann teuer werden: Der britische Premierminister plant, eine Brücke zwischen Schottland und Nordirland quer über die Irische See zu bauen. Kosten: geschätzt 24 Milliarden Euro. „Das Problem“, hatte Johnson vor gut einem Jahr gesagt, „ist nicht Mangel an Geld. Das Problem ist ein fehlender politischer Wille.“ Jetzt will er das Projekt angehen. Ein Sprecher der Regierung bestätigte, dass ein Beamtenstab damit beauftragt wurde, eine Machbarkeitsstudie für die Seebrücke vorzunehmen.

Die Idee ist nicht neu, schon seit Jahrzehnten gab es ähnliche Überlegungen, die Landesteile im Norden miteinander zu verbinden. Für Johnson, der sich nach Amtsantritt selbst den zusätzlichen Titel „Minister für die Union“ gegeben hatte, wäre eine solche Brücke zwischen Schottland und Nordirland von enormer Symbolkraft, will er doch nach erfolgtem Brexit die auseinanderdriftenden Landesteile zusammenhalten. Doch die praktischen Probleme sind exorbitant. Die bis zu 45 Kilometer lange Brücke zwischen dem schottischen Portpatrick und dem nordirischen Larne würde über einem Teil der Irischen See verlaufen, wo sie bis zu 300 Meter tief ist. Das bedeutet, dass man Türme, die die Brücke halten, bauen müsste, die bis zu 460 Meter hoch sind. Das wurde bisher noch nirgends auf der Welt versucht. Dazu kommt, dass im Wassergraben Beaufort Dyke nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als eine Million Tonnen Bomben entsorgt wurden – ein Albtraum für jeden Ingenieur, dort zu bohren. Und Atommüll aus britischen Nuklearkraftwerken liegt dort auch herum.

Das schreckt Johnson nicht, der schon immer eine Vorliebe für Großprojekte gehabt hat. Als er noch Bürgermeister von London war, schlug er einen Flughafen in der Themsemündung vor. Auch für eine „Gartenbrücke“ über der Themse erwärmte er sich und investierte dafür rund 44 Millionen Pfund an öffentlichen Geldern. Gebaut wurde sie ebenso wenig wie der Flughafen. Selbst für eine Brücke zwischen Großbritannien und Frankreich über dem Ärmelkanal hat er sich stark gemacht.

Doch Johnson meint es ernst mit einem anderen, noch weitaus ambitionierterem Projekt. Er gab am Dienstag im Parlament grünes Licht für den Ausbau der Bahnlinie „High Speed 2“ (HS2). Die Hochgeschwindigkeitstrasse soll London mit Birmingham, Manchester und Leeds verbinden. „Konnektivität“, sei es beim Bahn- und Busverkehr oder beim Ausbau des Mobilfunknetzes, ist sein Zauberwort, um den strukturschwachen Regionen im Norden des Landes auf die Beine zu helfen. Freilich ist auch HS2, immerhin das größte Infrastrukturprojekt Europas, nicht unumstritten. Vor allem das Preisschild beunruhigt: Seit der Planung 2011 haben sich die Kosten des Projekts verdreifacht auf zuletzt 106 Milliarden Pfund, umgerechnet satte 125 Milliarden Euro.

Was die Boris-Brücke in der Irischen See angeht, so hält die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon davon nicht viel. Johnson solle liebe das viele Geld Schottland geben. „Boris Johnson hat in seiner Karriere schon viele Brücken versprochen“, ätzte sie, „aber meines Wissens hat er nie eine geliefert.“

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