Nach Niederlage vor Gericht Boris Johnson fordert Neuwahlen - und hält am Brexit-Fahrplan fest

London · Trotz des Urteils des Obersten Gerichts zur Zwangspause des Parlaments und trotz Rücktrittsforderungen: Der britische Premierminister Boris Johnson will im Amt bleiben. Gleichzeitig spricht er sich für Neuwahlen aus.

 Großbritanniens Premierminister Boris Johnson am Dienstag am Rande der UN-Vollversammlung in New York.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson am Dienstag am Rande der UN-Vollversammlung in New York.

Foto: dpa/Stefan Rousseau

„Wir sollten eine Wahl abhalten“, sagte Johnson vor Journalisten, als er von einem Treffen in New York bei der UN-Vollversamlung kam. Gleichzeitig gab der Regierungssitz Downing Street 10 am Dienstag in London bekannt, dass Johnson nicht zurücktreten werde. Vorher waren Rücktrittsforderungen gegen ihn laut geworden.

Das oberste britische Gericht (Supreme Court) hatte am Dienstagmittag die von Johnson auferlegte Zwangspause des Parlaments für rechtswidrig erklärt und mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die Abgeordneten werden am Mittwoch um 12.30 Uhr (MESZ) wieder zusammentreten, teilte der Präsident des Unterhauses, John Bercow, in London mit.

Johnson hatte die Abgeordneten bis zum 14. Oktober in den Zwangsurlaub geschickt, doch das Gericht erklärte die Maßnahme für unwirksam. Etwa zwei Wochen später verlässt Großbritannien nach aktuellem Stand die Europäische Union.

Oppositionelle Abgeordnete sahen in der Zwangspause ein Manöver Johnsons, Abgeordnete kalt zu stellen und selbst freie Hand für seinen Brexit-Kurs zu haben. Sie warfen ihm zudem vor, Queen Elizabeth II. in die Irre geführt zu haben. Deren formelle Billigung war für die Parlamentspause nötig. Die britische Regierung hatte argumentiert, das Schließen des Parlaments für fünf Wochen sei reine Routine.

Johnson drückte am Dienstag seinen Unmut aus, kündigte aber auch an, die Entscheidung der Richter zur respektieren. „Ich muss sagen, dass ich überhaupt nicht einverstanden bin mit dem Urteil der Richter“, sagte der Premierminister am Dienstag britischen Medien am Rande der UN-Vollversammlung in New York. „Ich denke nicht, dass es gerecht ist, aber wir werden weiter machen und natürlich wird das Parlament zurückkommen.“

Trotz seiner Niederlage wolle er den EU-Austritt seines Landes bis Ende Oktober vorantreiben. „Nach derzeitigem Rechtsstand verlässt Großbritannien die EU am 31. Oktober, komme was wolle“, sagte Johnson weiter. Er zeigte sich zuversichtlich, ein Brexit-Abkommen mit Brüssel erzielen zu können. „Und daran arbeiten wir.“

Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, hatte Johnson dagegen nach dem Urteil zum Rücktritt aufgefordert. Dessen illegales Schließen des Parlaments zeige, dass er Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verachte. Johnson solle zurücktreten und damit der „am kürzesten amtierende Premierminister werden, den es je gegeben“ habe.

(hebu/dpa/AP/Reuters/AFP)
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