Ex-Herrscher mit deutscher Hilfe aufgespürt BND kannte Gaddafis Versteck

Misrata (RPO). Offenbar haben deutsche Geheimdienste bei der Suche nach Ex-Machthaber Muammar Gaddafi einen entscheidenden Beitrag geleistet. Einem Medienbericht zufolge wusste der Bundesnachrichtendienst (BND) schon seit Wochen, wo sich der einstige Diktator aufhielt.

Gaddafi - größenwahnsinniger Diktator
16 Bilder

Gaddafi - größenwahnsinniger Diktator

16 Bilder

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" meldete am Samstag vorab aus seiner neuen Ausgabe, der BND habe den genauen Aufenthaltsort Gaddafis in dessen Heimatstadt Sirte gekannt. Der BND verfüge traditionell über ein dichtes Quellennetz im Nahen Osten und habe genau gewusst, wo sich Gaddafi vor den Rebellen versteckt hielt, hieß es weiter.

Aus Sicherheitskreisen hieß es jedoch, es seien keine Geo-Daten mitgeteilt worden, die zu einem gezielten Angriff auf Gaddafi hätten führen können. Den Nato-Partnern dürfte aber laut "Spiegel" trotzdem klar gewesen sein, wo Gaddafi sich aufgehalten hatte. Als der Ex-Machthaber schließlich am vergangenen Donnerstag versuchte, aus Sirte zu flüchten, sollen Nato-Kampfflugzeuge seinen Konvoi beschossen haben.

Auch im Irak-Krieg 2003 hatten deutsche Geheimdienstagenten die USA mit Informationen aus Bagdad versorgt. Als die Nato nach Beginn der Aufstände in Libyen im März begann, Luftschläge gegen Gaddafis Truppen vorzubereiten, enthielten sich die Deutschen im UN-Sicherheitsrat der Stimme. Wie der "Spiegel" berichtet, könnte ein etwaiger BND-Handel mit Informationen über den monatelang gesuchten Ex-Machthaber geeignet sein, politischen Schaden wiedergutzumachen.

Lynchmord?

Gaddafi war am Donnerstag lebend gefangen genommen, dann jedoch unter bislang ungeklärten Umständen getötet worden. Zahlreiche Vertreter der Weltgemeinschaft, unter anderem die Vereinten Nationen, die USA und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, verlangten eine genaue Untersuchung der Todesumstände. Es wird vermutet, dass Gaddafi gelyncht worden ist.

Gaddafis Leiche mit mindestens einer Einschusswunde im Kopf, wurde nach Misrata gebracht, wo sie in der Kühlhalle eines Einkaufszentrums am Stadtrand ausgestellt wurde. Etliche Menschen fotografierten den Körper mit ihren Mobiltelefonen und standen in langen Schlangen an, um einen Blick auf den toten Dimktator werfen zu können. Ein Kommandeur in Misrata sagte, Gaddafi werde wie jeder Moslem seine Rechte bekommen und würdevoll behandelt.

In einem Video brüstet sich ein Kämpfer mit der Tat

Für weitere Fragen nach den Todesumständen Gaddafis sorgte am Wochenende ein im Internet veröffentlichtes Video. Darin ist ein junger Kämpfer des Übergangsrats zu sehen, der behauptet, Gaddafi getötet zu haben. Der junge Mann sagt in dem Video, er habe sich am Donnerstag Truppen aus Misrata beim Einmarsch in Sirte angeschlossen. Dort habe er Gaddafi trotz eines Huts auf der Straße erkannt.

Da die Kämpfer aus Misrata den langjährigen Machthaber hätten mitnehmen wollen, habe er auf Gaddafi geschossen, sagte der junge Kämpfer. Er habe ihn in die Achsel und in den Kopf getroffen, doch sei Gaddafi erst eine halbe Stunde später gestorben. In dem Video wird eine blutbefleckte Jacke gezeigt, die angeblich Gaddafi gehörte. Zudem zeigen die Kämpfer einen goldenen Ring, der das Datum der Hochzeit Gaddafis mit seiner zweiten Frau Safia tragen soll.

Keine Autopsie

Die Leiche des getöteten früheren libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi soll nach dem Willen der neuen Führung des Landes nicht näher auf seine Todesumstände hin untersucht werden. Es werde keine Autopsie geben, sagte ein Vertreter des Militärrats in der Küstenstadt Misrata am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Die Forderungen aus aller Welt nach einer Klärung der verwirrenden Todesumstände Gaddafis hielten an.

"Niemand wird den Körper öffnen", stellte der Vertreter des Militärrats in Misrata klar. Zwei weitere Verantwortliche in der Stadt bestätigten die Angaben. Am Freitag hatte ein Vertreter des Militärrats in Misrata DNA-Tests an der Leiche angekündigt. Sie wurde im Kühlraum eines Einkaufszentrums am Stadtrand ausgestellt, wo hunderte sie sehen wollten. Nach dem Willen des Nationalen Übergangsrats soll Gaddafi an einem geheimen Ort beigesetzt werden.

Seine Witwe will den Leichnam

Gaddafis Witwe Safia Gaddafi rief aus ihrem Exil in Algerien die Vereinten Nationen auf, Druck auf den Übergangsrat auszuüben, damit er die Leiche ihres Mannes und seines ebenfalls am Donnerstag in Sirte getöteten Sohns Mutassim seiner Familie übergebe. In der von dem syrischen Fernsehsender Arrai übertragenen Erklärung forderte sie zudem eine Untersuchung der Todesumstände.

Der Regierungschef des Übergangsrats, Mahmud Dschibril, der zuvor versichert hatte, Gaddafi sei bei seiner Ergreifung bereits schwer verletzt gewesen, sagte in Jordanien, er sei "erleichtert" über dessen Tod. Zugleich warnte er davor, dass der Wiederaufbau Libyens sehr schwer werde. Aus Regierungskreisen im Niger hieß es, dort sei Gaddafis vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gesuchter früherer Geheimdienstchef Abdallah Senussi gesichtet worden.

Nato beendet Einsatz

Die Nato hatte am Freitag das Ende ihres Einsatzes in Libyen zum Monatsende angekündigt. Nach eigenen Angaben wusste sie nichts von der Anwesenheit Gaddafis, als sie seinen Fahrzeugkonvoi angriff. Die russische Regierung forderte die sofortige Aufhebung der Flugverbotszone über Libyen sowie ein Ende aller Sanktionen gegen das Land. Dazu brachte sie eine entsprechende Resolution in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ein.

(AFP/AP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort