Nach Bluttat von Charlottesville Trump spielt mit dem Feuer

Meinung | Washington · Wenn es ihm um den Zusammenhalt der Gesellschaft ginge, hätte US-Präsident Donald Trump zur brutalen Gewalt in Charlottesville klare Worte der Distanzierung von Rassisten wählen müssen. Er tat das Gegenteil. Ein entlarvender, verheerender Vorgang.

Nach dem blutigen Samstag von Charlottesville hat US-Präsident Donald Trump mit Vorsatz seinen Amtseid gebrochen. Er schwor am 20. Januar, die Verfassung zu verteidigen und damit als Kern seiner Amtspflichten, die "Ruhe im Innern zu sichern", wie es in der Präambel vorgegeben wird.

Kaum sieben Monate später hat er das gefährliche Spiel mit dem Feuer innerer Unruhen auf die Spitze getrieben. Schon der Appell an Polizisten, bei Festnahmen ruhig härter zuzulangen, hatte das Potenzial, zum Brandsatz zu werden in einer Gesellschaft, in der unverhältnismäßige Polizeigewalt immer wieder zu Ausschreitungen mit vielen Toten geführt hat. Nun weigerte er sich, die rassistischen Urheber der Ausschreitungen beim Namen zu nennen. Die Ultrarechten feierten das als Bestätigung. Damit hat Trump einer gesellschaftlich verheerenden Entwicklung auch noch massiven Rückenwind gegeben.

Er wusste nur zu gut, was sich in Charlottesville anbahnte: der größte Aufmarsch von Rassisten, Neonazis bis hin zum berüchtigten Ku-Klux-Klan, dessen ehemaliger Anführer sich bei der geplanten Verbindung der Ultrarechten sogar auf Trump selbst berief: "Wir erfüllen sein Versprechen." Trump hätte also schon ohne jegliche Gewalteskalation allen Grund gehabt, sich gegen die Vereinnahmung durch den Sumpf aus "alternativen Rechten" zu wehren. Mit seiner Wahlkampf-Hetze gegen Migranten hatte er ihnen schließlich reichlich Nahrung gegeben, da wäre es höchste Zeit gewesen, eine klare Grenze zu ziehen.

Wie einfach die Distanzierung gewesen wäre, zeigten ihm Politiker, die noch über einen funktionierenden Werte-Kompass verfügen, auch aus den eigenen Reihen. Trump hat nie einen gehabt oder ihn weggeworfen. Und das so kurz nach seinen diversen Kriegsdrohungen in Richtung Nordkorea und Venezuela, mit denen es ihm angeblich darum gegangen war, eine Sprache zu verwenden, die Diktatoren verstehen. Nach der Gewalt in den Straßen von Charlottesville fehlte ihm diese Sprache fürs eigene Land.

Charlottesville: Eskalation bei Rassisten-Demo
14 Bilder

Eskalation bei Rassisten-Demo in Charlottesville

14 Bilder
Foto: afp, cs/mb

Er beklagte er zwar den Hass, machte ihn jedoch "auf vielen Seiten" fest. Und damit er auch nicht missverstanden wurde, wiederholte er das "auf vielen Seiten" gleich noch einmal. Indem er es dann auch ablehnte, seine Haltung gegenüber jenen Rassisten kundzutun, die sich auf ihn berufen, lieferte er dem ultrarechten Spektrum einen weiteren Beleg, dass dies "ihr" Präsident ist und sie künftig alle Hemmungen fallen lassen können.

Damit wächst der Druck auf alle Verantwortlichen, diese Präsidentschaft so bald wie möglich zu beenden. Noch steht das Weiße Haus in Washington nur für eine Farbe, nicht für das verheerende Überlegenheitsgefühl einer Rasse. Noch steht der Name Trump nur für das Drohen mit einem Atomkrieg, nicht für das Zündeln. Charlottesville hat gezeigt, dass es damit schnell vorbei sein kann. Was viele befürchteten, wird von Tag zu Tag offensichtlicher: Amerika kann erst ohne Trump wieder "great" werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort