Bill de Blasio will nach Italien New Yorker Bürgermeister wegen Urlaub in der Kritik

New York · Die Titelblätter der New Yorker Boulevardpresse in der kommenden Woche kann man sich schon jetzt gut vorstellen: Ein Foto eines massiven Verkehrsstaus und daneben ein Schnappschuss von Bürgermeister Bill de Blasio an einem Strand in Italien.

Das ist Bill de Blasio
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Weil Bahnangestellte mit einem Streik drohen, der Teile der größten Stadt der USA lahmlegen könnte, stößt de Blasio mit seinem Vorhaben auf Kritik, am Freitag zu einem zehntägigen Urlaub nach Europa aufzubrechen.

Noch bevor Verhandlungen bei der Bahngesellschaft Long Island Rail Road gescheitert waren, hatte die geplante Reise desBürgermeisters für Stirnrunzeln gesorgt. Der Italien-Urlaub de Blasios wird teilweise mit Steuergeldern finanziert. Zudem ist der demokratische Politiker erst seit Januar im Amt. Sein Urlaub dauert mit zehn Tagen länger als die Auszeiten vorheriger Bürgermeister.

DeBlasios direkter Vorgänger Michael Bloomberg nahm sich während seiner Amtszeit nie eine ganze Woche frei, auch wenn er häufig für ein verlängertes Wochenende nach Bermuda oder London reiste.
Bloombergs republikanischer Vorgänger Rudy Giuliani verzichtete ebenfalls auf längere Ferien. "Der Bürgermeister muss anwesend sein, wenn sich ein Notfall ereignet", sagte Giuliani am Dienstag in einem Radiointerview.

Einige politische Berater sagten, die Reise ließe de Blasio schlecht aussehen. "Wenn ich zu seinem Stab gehören würde, und es so aussähe, als ob der Streik passiert, würde ich ihm sagen, dass er nicht gehen soll", sagte Jeanne Zaino, eine Politikprofessorin am Iona College.

"Es wird sehr schlecht aussehen und er wird sehr schwer getroffen werden." Die Boulevardzeitung "Daily News" gab bereits einen Vorgeschmack dessen, was auf de Blasio zukommen könnte: Ein Bericht über den drohenden Bahnstreik wurde am Dienstag von der Schlagzeile "Viel Glück damit, ich geh' nach Italien" begleitet.

Die Long Island Rail Road verbindet die Metropole New York mit Long Island. Ihr Verkehrsnetz wird täglich von 300.000 Menschen genutzt. Betrieben wird sie von einer staatlichen Behörde, der Metropolitan Transportation Authority (MTA), wodurch die politische Verantwortung letztendlich beim Gouverneur des Staats NewYork, Andrew Cuomo, liegt. Die Auswirkungen eines Streiks auf die Stadt NewYork wären jedoch unbestreitbar: Straßen würden verstopft, ohnehin schon überfüllte U-Bahn-Züge und Busse wären noch voller und Unternehmen, die als Folge des Ausstands weniger Kunden oder Angestellte hätten, könnten Millionen von Dollar verlieren.

De Blasio sagte am Montag, er sei optimistisch, dass im Streit über Löhne und Beitragszahlungen für Renten und Krankenversicherungen bei der Long Island Rail Road ein Abkommen ausgehandelt werde. Zudem seien die Notfallpläne der MTA "sehr stark". Ein Sprecher der MTA warnte hingegen, für die meisten Pendler wäre der Weg zur Arbeit im Falle eines Streiks "ein Alptraum".

DerBürgermeister spielte die Auswirkungen eines möglichen Streiks herunter und erklärte, man habe den Vorteil, dass es Juli sei. "Und ich glaube, die Reisemenge ist im Juli reduziert. Wir profitieren von der Tatsache, dass viele Menschen heute, wegen der Technologie, von zu Hause aus arbeiten können", sagte de Blasio.

Seine Gegner hatten für diese Äußerungen kein Verständnis. Viele der Angestellten, die es sich nicht leisten könnten, Urlaub zu nehmen oder deren Jobs Telearbeit nicht zulassen, entstammen - so die Kritiker - der Arbeiter- und Mittelschicht, der deBlasio im Wahlkampf seine Unterstützung zugesichert hatte.

Einige Beobachter waren auch der Ansicht, die Kritik an de Blasio sei ungerechtfertigt. "Er hat das Recht auf eine Auszeit", sagte der politische Berater Joseph Mercurio. Die Abwesenheit des Bürgermeisters wäre kein großesProblem, meinte er. "Die moderne Technologie erlaubt es ihm, in Kontakt zu bleiben. Eine schlechte Medienberichterstattung wäre unfair", sagte Mercurio.

De Blasios Team betonte, die Chefs der Katastrophendienste würden vor Ort sein, zudem könnte der Bürgermeister seine Reise falls nötig noch immer verschieben oder abkürzen.

Mehrere gewählte Amtsträger hatten wegen ihrer Abwesenheit während einer Krise, insbesondere einer vorhergesehenen, mit Problemen zu kämpfen. So geriet der republikanische Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, in die Kritik, weil er sich im Freizeitpark Disney+ World aufhielt, als sein Staat 2010 von einem massiven Schneesturm heimgesucht wurde. Bloomberg hielt sich damals in Bermuda auf. Auch ihm wurde vorgeworfen, die von ihm zu der Zeit regierte Stadt New York nicht ausreichend auf den Sturm vorbereitet zu haben.

(ap)
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