Treffen mit Abbas Steinmeier stärkt Palästinensern den Rücken

Ramallah · Bundespräsident Steinmeier hat mit Mahmud Abbas über einen möglichen Frieden im Nahost-Konflikt gesprochen. Der Palästinenserpräsident erklärte sich zu einem Treffen mit Israels Ministerpräsidenten Netanjahu bereit – unter Trumps Schirmherrschaft.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l.) und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l.) und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.

Foto: dpa, bvj fdt

Bundespräsident Steinmeier hat mit Mahmud Abbas über einen möglichen Frieden im Nahost-Konflikt gesprochen. Der Palästinenserpräsident erklärte sich zu einem Treffen mit Israels Ministerpräsidenten Netanjahu bereit — unter Trumps Schirmherrschaft.

Von Jerusalem fährt die Autokolonne nordwestlich Richtung Westjordanland — vorne die Limousine des Bundespräsidenten, dahinter seine Delegation in Mini-Bussen. Nach gut 20 Minuten Fahrt ragen rechts und links der Straße hohe Zäune aus dem trockenen Boden. Die Autos mit den verdunkelten Scheiben stoppen am Checkpoint Beituniya vor einer großen Halle mit vielen Sicherheitskräften. Hier können nur Geschäftsleute und Diplomaten zwischen 8 und 16 Uhr passieren. Zu Fuß geht es durch die Halle. Dann wechseln Frank-Walter Steinmeier und seine Begleiter die Fahrzeuge.

Hinter ihnen bleibt Israel, wo in zwei Wochen US-Präsident Donald Trump erwartet wird. Hoffnungen hat Trump auf beiden Seiten geweckt, dass er eine neue Vermittlung im Nahost-Friedensprozess in Gang bringt. Zunächst sah es so aus, als vertrete Trump, auch beeinflusst durch seinen jüdischen Schwiegersohn Jared Kushner und dessen Familie, vor allem die israelischen Interessen.

Doch nach einem Besuch des Palästinenser-Präsidenten Mahmud Abbas in Washington vor einer Woche zeigten sich beide zuversichtlich, den Konflikt zu lösen. "Ich glaube, dass wir in der Lage sind", sagte Abbas. "Wir kriegen das hin", betonte Trump, der sich selbst als Vermittler anbot. So will der US-Präsident offenbar auch in die Palästinenser-Gebiete kommen und Bethlehem besuchen, wie Abbas am Montag angekündigt hatte.

Er habe Trump bei seinem Treffen in Washington gesagt, "dass wir bereit zur Zusammenarbeit mit ihm und zu einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten unter seiner Schirmherrschaft sind, um Frieden zu schaffen", sagte Abbas weiter. Ein Termin für den Besuch Trumps in Israel und den Palästinensergebieten wurde bislang noch nicht offiziell bekanntgegeben. Abbas nannte die Stadt Bethlehem als Ort für das Treffen mit dem US-Präsidenten, das am 23. Mai stattfinden könnte.

Noch ist das Leben der Palästinenser in den von Israelis besetzten Gebieten mühsam. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 40 Prozent. Wer einen Job hat und von Ostjerusalem ins Westjordanland muss oder umgekehrt, verbringt oft rund vier Stunden am Tag mit Sicherheitskontrollen durch die Israelis — nur um zur Arbeit zu kommen und wieder nach Hause. Die jungen Auszubildenden in dem Pflegeheim "Beit Emmaus", das Steinmeier besucht, berichten, wie sie den Launen der israelischen Soldaten ausgesetzt sind.

Der Tross des Bundespräsidenten bewegt sich zwischen dem Pflegeheim, dem Grab von Jassir Arafat und dem Gespräch mit Abbas immer wieder auch in den Sicherheitszonen B und C. Dort hat das israelische Militär die Hoheit. Selbst bei einem Verkehrsunfall, zu dem die Polizei gerufen werden soll, bedarf es einer Genehmigung des israelischen Militärs — die kommt per Fax und kann schon mal eine halbe Stunde dauern. Durch die Landschaft vor Ramallah ziehen sich durch hohe Zäune abgetrennt die weißen Häuser der israelischen Siedler.

Dass die Palästinenser keinen eigenen Staat haben, machen sie zum Besuch Steinmeiers geschickt vergessen. Der rote Teppich vor dem Amtssitz des Präsidenten ist bei den Palästinensern länger als in Israel, die Uniformierten zahlreicher, die Blasmusik ertönt länger. Perfekt führen sie vor, wie man einen Staatsgast empfängt, ohne Staat zu sein. Mit seinen Schritten in das lichtdurchflutete Mausoleum, das das Grab Arafats birgt, erweist Steinmeier den Palästinensern zudem die Ehre, dass erstmals ein deutscher Bundespräsident an der letzten Ruhestätte des früheren Palästinenser-Führers gedenkt. Mit mehr Symbolik hätte Steinmeier das Verlangen der Palästinenser nach einem eigenen Staat nicht unterstützen können.

Nach seinem Gespräch mit Abbas legt er noch einmal nach. "Wir haben in der internationalen Staatengemeinschaft viele Versuche erlebt, viel Zeit verbraucht", mahnt Steinmeier. Es sei wirklich "dringend" geworden mit der Umsetzung zur Realisierung der Zwei-Staaten-Lösung. "Aus unserer Sicht gibt es keine andere Lösung." Auch der Bundespräsident wird die Siedlungen der Israelis noch vor Augen haben, an denen er gerade vorbeigefahren ist und gesehen haben, dass dort immer mehr Fakten geschaffen werden, die sich am Verhandlungstisch wohl kaum noch beseitigen lassen. "Niemand, der die Region kennt, unterschätzt die Probleme, die zu lösen sind", sagt er. "Aber die fortgeschrittene Zeit und die Veränderungen auf dem Boden bringen mit, dass ein nächster Versuch gelingen muss."

Abbas wiederum dankt Steinmeier überschwänglich für dessen Besuch. Dass Steinmeier drei Tage in Israel war und nur auf eine Stippvisite zu den Palästinensern kommt, lässt er unter den Tisch fallen. Vielmehr hebt Abbas hervor, dass die erste Reise außerhalb Europas den deutschen Bundespräsident in die Palästinenser Gebiete führe. Nach dem Mittagessen geht es zurück an den wachsenden Siedlungen der Israelis vorbei zum Checkpoint Beituniya. Dort wechseln der Präsident und seine Delegation wieder die Fahrzeuge. Mehr gelebtes Misstrauen zwischen dem Staat Israel und den nach staatlicher Anerkennung strebenden Palästina geht nicht.

(qua)
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