Besuch beim neuen US-Außenminister Darüber müssen Gabriel und Tillerson reden

Berlin/Washington · Zwischen Washington und Berlin knirscht es. Wenn der deutsche Außenminister seinen frisch ins Amt gehobenen Kollegen in den USA besucht, müssen die beiden viel besprechen. Beim Einreisestopp, der Flüchtlingspolitik und der Nato sind sie politisch uneins.

Sigmar Gabriel wird der neue Außenminister
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Sigmar Gabriel wird zum Außenminister ernannt

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Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) reist am Donnerstag als erstes Kabinettsmitglied nach Washington, um Vertreter der neuen US-Regierung von Präsident Donald Trump zu treffen. Nachdem die Regierungen in Washington und Berlin in der Vergangenheit meist enge Partner waren, stellt Gabriel sich auf schwierige Gespräche ein. Denn die Konflikte sind programmiert.

  1. "Muslim Ban" und Einreisestopp

    Die von Trump verhängte dreimonatige Einreisesperre für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern beunruhigt die Bundesregierung. Der US-Präsident will damit verhindern, dass ausländische Terroristen ins Land kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte, auch der Kampf gegen den Terrorismus rechtfertige es nicht, "Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen". Die Bundesregierung setzte zudem in Washington durch, dass das Einreiseverbot nicht für Doppelstaatler gilt, die auch einen deutschen Pass haben.

  2. Flüchtlingspolitik

    Bereits vor seiner Wahl hatte Trump Merkel für ihre Flüchtlingspolitik mehrfach kritisiert. In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung sprach er kürzlich erneut von einem "äußerst katastrophalen Fehler". Merkel ließ die Angriffe unkommentiert. Als Trump im Zuge des Einreiseverbots auch Flüchtlingen für 120 Tage und syrischen Flüchtlingen sogar auf unbestimmte Zeit die Einreise untersagte, reagierte die Kanzlerin. Das Dekret widerspreche dem "Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und der internationalen Kooperation", sagte Merkel.

  3. Syrien, Nahost, Ukraine, Iran

    Bei den großen Konflikten und Krisen der vergangenen Jahre bemühten sich Berlin und Washington stets gemeinsam um Lösungen. Doch der außenpolitische Kurs der Trump-Regierung macht viele im Berliner Regierungsviertel ratlos. Trump feierte den Brexit, steht der Nato kritisch gegenüber — und stellte Moskau eine Aufhebung von Sanktionen in Aussicht. Gabriel wird sich darum bemühen, in Washington die Grundlagen für eine künftige Zusammenarbeit auszuloten.

  4. Handelspolitik

    Trump kündigte bereits das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP auf, zudem stellt er den Nafta-Handelspakt mit Mexiko und Kanada infrage und droht unter anderem deutschen Autobauern mit saftigen Strafzöllen. Da schrillen bei deutschen Unternehmern die Alarmglocken. Merkel warnte Trump mehrfach vor Protektionismus. Sie will die Gefahren für die Weltwirtschaft durch Abschottung zu einem zentralen Thema der deutschen G20-Präsidentschaft in diesem Jahr machen. Ein Lichtblick in den schwierigen Beziehungen: Trump hat Merkel in einem Telefonat seine Teilnahme an dem Gipfel im Juli in Hamburg zugesagt.

  5. Währungspolitik

    Auch in der Währungspolitik kracht es: Ein Wirtschaftsberater Trumps warf der Exportnation Deutschland vor, die USA und EU-Partner durch einen schwachen Euro "auszubeuten". Deutschland profitiere in seinen Handelsbeziehungen von einer "extrem unterbewerteten 'impliziten Deutschen Mark'", sagte der Trump-Vertraute Peter Navarro. In Berlin provozierte die Kritik Widerspruch. Merkel verwies darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) unabhängig für die Währungspolitik zuständig sei.

(AFP/heif)
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