Mitte-Links-Bündnis in Italien Bersani mit Regierungsbildung gescheitert

Rom · Eine Regierungsbildung in Italien ist vorerst gescheitert. Der Chef des Mitte-Links-Lagers, Pier Luigi Bersani, unterrichtete am Donnerstagabend Präsident Giorgio Napolitano darüber, dass seine Sondierungsgespräche mit den anderen Parteien nicht erfolgreich waren.

2013: Pressestimmen zur Wahl in Italien
Infos

2013: Pressestimmen zur Wahl in Italien

Infos
Foto: afp, OLIVIER MORIN, OLIVIER MORIN

Ein Sprecher des Staatsoberhaupts kündigte an, Napolitano werde am Freitag mit den Parteien neue Beratungen über eine Regierungsbildung aufnehmen. Ein Sprecher der Sozialdemokraten sagte, Bersani habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, eine Regierung bilden zu können.

Aus der Parlamentswahl vor einem Monat waren drei Lager nahezu gleich stark hervorgegangen. Für Bersanis Bündnis reichte es zwar für die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, nicht aber im gleichberechtigten Senat. Allein kann das Mitte-Links-Lager daher nicht regieren.

Die politische Blockade in der von der Schuldenkrise besonders gebeutelten drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone belastet die internationalen Finanzmärkte und sorgt für Verunsicherung über die weitere Entwicklung in der Währungsgemeinschaft, die nicht zuletzt mit dem gerade erst vor der Staatspleite bewahrten Zypern bereits alle Hände voll zu tun hat.

Bersani schloss bislang eine gemeinsame Regierung mit dem von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi angeführten Mitte-Rechts-Bündnis aus. Die Protestbewegung Fünf Sterne von Beppe Grillo wiederum erteilte Bersanis Avancen eine Absage.

Nach Angaben des Präsidialamtes wird Napolitano am Freitag als erstes mit Berlusconis Partei sprechen. Die Sondierungen sollen am Abend mit Bersanis Demokratischer Partei abgeschlossen werden.

Sollte die Regierungsbildung endgültig scheitern, drohen dem EU-Gründungsmitglied Neuwahlen. Allerdings müsste dazu zunächst ein neuer Präsident vom Parlament gewählt werden. Napolitano scheidet Mitte Mai aus dem Amt aus, und laut Verfassung darf er in den letzten Monaten seiner Amtszeit die Volksvertretung nicht mehr auflösen. Doch auch die Wahl eines Nachfolgers dürfte angesichts der Machtverhältnisse im Parlament schwierig werden.

Alternativ könnte Napolitano einen Außenseiter mit der Bildung einer Mehr-Parteien-Koalition oder einer neuen Technokraten-Regierung beauftragen, ähnlich wie die des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti. Wer dies jedoch sein könnte, ist völlig unklar. Die Aussicht, dass Monti aufgefordert werden könnte, vorerst weiterzumachen, gilt als gering. So hatte der überraschende Rücktritt von Außenminister Giulio Terzi vor einigen Tagen gezeigt, wie groß die Spannungen mittlerweile auch innerhalb der Übergangsregierung sind. "Diese Regierung kann es kaum erwarten, bis sie von ihren Pflichten entbunden wird", sagte Monti.

Die politische Blockade kommt Italien teuer zu stehen. Das Land musste am Mittwoch Anlegern bei der Ausgabe fünfjähriger Staatsanleihen die höchste Rendite seit Oktober 2012 zahlen.

Auch das Vertrauen der Märkte schwindet, was sich daraus ablesen lässt, dass der Risikoaufschlag auf zehnjährige italienische Anleihen im Vergleich zu den deutschen Papieren am Donnerstag kräftig anstieg. Die nationale Statistikbehörde warnte zugleich, dass die italienische Wirtschaft in diesem Jahr noch stärker schrumpfen könnte als von der Regierung erwartet. Ähnlich äußerte sich auch die Notenbank.

Die italienische Wirtschaft befindet sich seit Mitte 2011 in der Rezession. Es ist die längste Schwächephase sei 20 Jahren.
Die Ratingagentur Fitch geht 2013 von einem BIP-Rückgang um 1,8 Prozent aus. Die Agentur hatte die italienische Kreditwürdigkeit in diesem Monat um eine Stufe herabgesetzt.

Wirtschaftsminister Vittorio Grilli sagte am Donnerstag im Parlament, von einem bevorstehenden ähnlichen Schritt der Agentur Moody's habe er keine Kenntnis. In den vergangenen Tagen kursierten an den Finanzmärkten immer wieder solche Gerüchte.

(rtr/nbe/pst)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort