Libysche Unruhen belasten Verhältnis Berlusconi und sein "Freund" Gaddafi

Tripolis/Rom (RPO). Die blutigen Unruhen in Libyen stellen im europäischen Ausland vor allem einen auf die Probe: Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Denn dieser bezeichnete den Machthaber Muammar al Gaddafi immer wieder als seinen Freund. Eine Freundschaft, die nicht nur durch bilaterale Verträge, sondern auch von exzentrischen Auftritten geprägt ist.

 Herzliche Umarmungen - so begrüßten sich Muammar al Gaddafi und Silvio Berlusconi immer wieder.

Herzliche Umarmungen - so begrüßten sich Muammar al Gaddafi und Silvio Berlusconi immer wieder.

Foto: AP, AP

Seine weibliche Leibgarde im Schlepptau und 30 Pferde im Gepäck- so reiste Muammar al Gaddafi im August vergangenen Jahres nach Rom. Ein Auftritt ganz nach dem Geschmack des libyischen Autokraten, der derzeit die Proteste in seinem Land blutig niederschlagen lässt. Für seine exentrischen Auftritte im Ausland ist Gaddafi bekannt - und der italienische Ministerpräsident, der zurzeit selbst wegen diverser Affären in den Schlagzeilen ist, ließ ihn gewähren.

Und nicht nur das. Wie auch schon bei einem Besuch im Jahr 2009 wurden durch eine Modelagentur zwischen 200 und 500 Frauen für eine Veranstaltung rekrutiert, auf der ihnen der Libyer den Islam näher brachte und jeder einen Koran schenkte. Angeblich seien die Frauen an Ort und Stelle zum Islam übergetreten, hieß es später in Medienberichten.

Angst vor Flüchtlingsströmen

Doch nun dürfte die Freundschaft zwischen den beiden Staatsmännern, die vor allem von der italienischen Opposition bereits seit Jahren kritisiert wird, auf eine harte Probe gestellt werden. Denn Italien, dass bereits mit tunesischen Flüchtlingsströmen auf der kleinen Insel Lampedusa zu kämpfen hat, fürchtet nun eine weitere Flüchtlingswelle durch die blutigen Unruhen in Libyen.

Dabei waren es gerade Berlusconi und Gaddafi, die im Jahr 2008 ein Abkommen geschlossen hatten, das die Flüchtlingsfrage beinhaltete und das vor allem Menschenrechtler immer wieder kritisiert hatten. Darin erklärte sich Libyen zu strengeren Grenzkontrollen bereit, um den Strom der illegalen Einwanderer nach Italien einzudämmen. Das sah dann meist so aus, dass die Flüchtlinge auf hoher See abgefangen und umgehend in ihre Heimatländer zurückgebracht wurden.

Rom wiederum erklärte sich in dem Vertrag bereit, Reparationen in Höhe von 3,8 Milliarden Euro an Libyen zu zahlen für die 30-jährige Kolonialzeit Italiens. Erst durch diesen Vertrag hatten sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern verbessert und wurden derart vertieft, dass Gaddafi beispielsweise innerhalb von zwei Jahren gleich acht Mal nach Italien reiste. Neben den kuriosen Auftritten durfte er auch in einer Universität reden und sogar im Parlament - wogegen die Opposition heftigsten Widerspruch eingelegt hatte.

Gasvorräte vor allem aus Libyen

Doch auch in wirtschaftlichen Fragen sind die beiden Länder inzwischen derart eng verzahnt, dass die politischen Unruhen und ein wankender Gaddafi Italien nicht nur in Bezug auf die Flüchtlinge Sorgen bereiten dürfte. So bezieht Italien den größten Teil seiner Gas- und Ölvorräte vor allem von Libyen.

Zudem hält die Regierung in Tripolis 6,7 Prozent an der italienischen Großbank Unicredit sowie am tradtionsreichen Fußballverein Juventus Turin. Auf der anderen Seite sind es italienische Unternehmer, die etwa für Straßenbauprojekte in Libyen aktiv sind, oder es werden Rüstungsgüter in das Land geschickt.

Angesichts der aktuellen Lage haben Berlusconi und Gaddafi am Dienstag übrigens miteinander telefoniert. Einzelheiten zu dem Gespräch erfuhr allerdings niemand. Und bei den Überlegungen, gegen Libyen Sanktionen zu verhängen, soll es nach Diplomatenangaben unter anderem Italien gewesen sein, die solche Schritte verhindert haben.

(mit Agenturmaterial)
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