Fünf Minister treten zurück Berlusconi-Partei stürzt Italien in politische Krise

Rom · Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi hat in Italien erneut eine politische Krise provoziert. Die Koalitionsregierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Enrico Letta steht vor dem Aus, nachdem fünf Minister von Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL) am Samstag ihren Rücktritt erklärten.

Sie folgten einer Aufforderung des "Cavaliere", der sich nach seiner rechtskräftigen Verurteilung gegen seinen Senatsausschluss stemmt. Letta sprach von einem "törichten und unverantwortlichen" Schritt.

Staatschef Giorgio Napolitano fällt in dem seit Wochen andauernden Streit die Rolle des Vermittlers zu. Er wollte am Sonntag mit Letta zusammenkommen, um über einen Ausweg aus der Krise zu beraten. Er werde das Parlament nur auflösen, "falls es keine anderen Lösungen geben sollte", betonte er vor dem Treffen. Berlusconi forderte am Sonntag hingegen, "so schnell wie möglich" vorgezogene Neuwahlen anzusetzen. Die Umfragen zeigten, "dass wir sie gewinnen werden", sagte er.

Letta warf seinem Vorvorgänger Berlusconi vor, der Abzug seiner Minister aus dem Kabinett diene allein der "Verteidigung seiner persönlichen Interessen". Eine "derart große Lüge und ein derartiger Versuch, die Wahrheit zu verzerren", würden auf Berlusconi zurückfallen, sagte der Ministerpräsident. Mit Blick auf die von ihm angesetzte Vertrauensabstimmung erklärte Letta weiter, im Parlament werde nun "jeder seine Verantwortung vor dem Land übernehmen".

Die Minister der rechtskonservativen PdL hatten am Samstagabend auf Geheiß Berlusconis ihren Rücktritt erklärt. Die Kabinettsmitglieder bezeichneten das von Letta geforderte Bekenntnis zur Koalition als "inakzeptables" und "unannehmbares Ultimatum".

Zahlreiche Parlamentarier hatten schon zuvor mit ihrem Rücktritt und mit dem Bruch der Regierungskoalition gedroht, falls Berlusconi nicht von weiterer juristischer Verfolgung ausgenommen werde. Angesichts der Drohungen der Konservativen hatte Letta angekündigt, kommende Woche im Parlament die Vertrauensfrage stellen zu wollen.

Die italienische Presse verurteilte die Ankündigung der PdL-Minister einhellig. "Der Verurteilte lässt Italien untergehen", titelte am Sonntag die linke Zeitung "Il Fatto Quotidiano" mit Blick auf den wegen Steuerbetrugs verurteilten Berlusconi. "La Stampa" und die Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore" bezeichneten Berlusconis Vorstoß als "Verrücktheit".

Der Sozialdemokrat Letta könnte nun versuchen, mit Hilfe von Überläufern und der Unterstützung aus dem linken Lager eine zweite Regierung zu bilden. Diese wäre aller Voraussicht nach jedoch noch instabiler als seine bisherige Regierung, und die internationalen Märkte könnten entsprechend negativ reagieren.

Hintergrund des Konflikts ist der Streit um die politische Zukunft Berlusconis. Dem Politiker und Unternehmer droht wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs der Ausschluss aus dem Senat. Der Immunitätsausschuss des Senats muss am kommenden Freitag in zweiter Abstimmung entscheiden, ob der langjährige Regierungschef seinen Sitz in der zweiten Parlamentskammer behalten kann. In einer ersten Abstimmung hatte der Ausschuss dies mehrheitlich abgelehnt.

bfi/ju

AFP

(AFP)
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